Die internationale Gemeinschaft scheiterte in ihrer Reaktion auf die Gräueltaten in Ruanda und Srebrenica. Aus den Folgen dieser Versäumnisse entwickelte sich die sogenannte „Responsibility to Protect“, d.h. die Verantwortung von Staaten ihre Bevölkerung vor Völkermorden, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie ethnischer Säuberung zu beschützen. Gleichzeitig wurde die internationale Gemeinschaft in die Verantwortung gezogen, die Staaten bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen zu unterstützen – und zwar zeitnah und entschlossen. Seither flammten in einigen Ländern in Subsahara-Afrika neue bewaffnete Konflikte auf und erneut wurden Menschenrechte verletzt. Die Zentralafrikanische Republik (ZAR) ist einer dieser Staaten, in denen Menschenrechtsverletzungen und ethnisch-religiöse Konflikte die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft erregt haben. Deutlich wird dies besonders durch die unfähige und geschwächte Regierung im Land. Seit der Unabhängigkeit 1960 gilt die ZAR als unterentwickeltes und instabiles Land. Immer wieder kämpften verschiedene Gruppen um die Macht.
Vergewaltigungen, Kindersoldaten und Gewalttaten
Die letzte Krise erschütterte das Land vor rund drei Jahren, 2012. Aus den ethnisch-religiösen Dynamiken entstand Séléka, eine überwiegend muslimische Rebellengruppe, die Anschläge auf die Regierung verübte und diese schließlich im März 2013 stürzte. Séléka ist gefürchtet für großflächige Vergewaltigungen, die Rekrutierung von Kindersoldaten und Gewalttaten. Ihre Gräueltaten erregten bald die Aufmerksamkeit der UN. Dennoch wurde der Rebellenführer Michel Djotodia, bis zu seinem Rücktritt 2014, Präsident des Landes. Djotodia erklärte die Auflösung von Séléka, was die Gruppierung allerding nicht akzeptierte und deshalb weiterhin Anschläge quer durch das Land verübte. In der Zwischenzeit entstand eine neue christliche Gruppe, Anti-Balaka, um bewaffneten Widerstand gegen Séléka zu leisten. Anto-Balaka wandte jedoch ebenfalls Gewalt gegen muslimische Zivilisten an, weswegen die meisten Muslime in benachbarte Staaten wie den Tschad, Kamerun, die Demokratische Republik Kongo und die Republik Kongo fliehen mussten. Die eskalierende ethnisch-religiöse Gewalt hat die Stabilität anderer Staaten zusätzlich zu den Flüchtlingskrisen in benachbarten Staaten beeinflusst. Allerdings unterschrieben beide Parteien, die muslimische Séléka und die Anti-Balaka Gruppe, im Juli 2014 einen Vertrag zum Waffenstillstand, um die mehr als ein Jahr andauernde Gewalt mit tausenden Toten zu beenden.
„Catherine Samba-Panza, ein wichtiger Baustein“
Interimspräsidentin Catherine Samba-Panzas Bereitschaft zur Schaffung von Frieden und Einheit des Landes wurde vom Westen positiv bewertet. Paul Simon Handy, stellvertretender Direktor am Institut für Sicherheitsstudien (ISS) in Südafrika, wies darauf hin, dass sie ein wichtiger Baustein sei, um sowohl das Land, als auch die politische Elite wieder zu vereinigen.
Obwohl sie die staatliche Autorität wieder stärken möchte, scheitert sie bisher in ihrem Vorhaben an mangelnden finanziellen Mitteln, um die Probleme des Landes zu lösen. Noch hat die Interimspräsidentin einen langen Weg vor sich, um die Ordnung im Land wieder herzustellen. Bisher herrscht kein allgemeingültiges Gesetz, Straftäter werden nicht verhaftet, zudem hat das Gericht keine Möglichkeit eine Untersuchung durchzuführen. Bisher übernimmt der Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) alle Untersuchungen, darum hatte Catherine Samba-Panza gebeten.
Die Rolle der EU
Doch welche Rolle übernimmt die EU, um Konflikte in Staaten wie der Zentralafrikanischen Republik zu lösen und um das Land dabei zu unterstützen, die Ordnung wiederherzustellen? Die Schutzverantwortung (Responsibility to protect, R2P) steht in der Kritik, nur ein Instrument im Interesse der großen Mächte zu sein. Die ZAR gehörte zur ehemaligen Kolonialmacht Frankreich. Damit ist Frankreich besonderes in die Angelegenheiten des afrikanischen Landes involviert und sieht die internationale Gemeinschaft in der Pflicht, das Land durch bestimmende Maßnahmen zu unterstützen, um Frieden wiederherzustellen, Stabilität zu gewährleisten und die Bevölkerung vor Gewalt zu schützen. In diesem Sinne hat Frankreich bereits Truppen auf zentralafrikanischem Boden stationiert. Zusätzlich zu den französischen Truppen wurden auch Truppen der Afrikanischen Union sowie der Europäischen Union aufgestellt, um Zivilisten zu schützen und für Sicherheit zu sorgen.
Sicherlich werden diese friedensschaffenden Maßnahmen die Gewalt im Staat nicht komplett beenden können. Menschen, die Nachbarn waren, begannen sich aufgrund religiöser Unterschiede gegenseitig zu töten. Mit Hilfe der Afrikanischen Union, könnte die EU beide Seiten an einen Tisch bringen und versuchen diese auszusöhnen. Diese könnte sowohl innerhalb der Gemeinschaft, als auch für die religiösen Führer erreicht werden, die Mitgefühl, friedliche Ko-Existenz und Toleranz befürworten. Besonders wichtig wäre es, die Sicherheit wiederherzustellen und die Judikative zu stärken, um Verbrecher zu bestrafen. Die EU kann die Regierung bei der Staatsbildung unterstützen und dabei eine wichtige Rolle spielen. Vor allem junge, ungebildete Männer und Frauen ohne Ausbildungsstelle schließen sich Banden in der ZAR an. Ein Problem, das auf lange Sicht nur durch Bildung und die Schaffung von Arbeitsplätzen gelöst werden kann. Auch hierbei kann die EU eine beratende Funktion übernehmen.
Frieden und Stabilität in die ZAR zu bringen kann nicht nur die Beziehung zwischen der EU und der ZAR stärken, sondern auch die mit anderen afrikanischen Staaten. Die Vertiefung der Beziehung zwischen den beiden Kontinenten hat bereits mit dem ersten Gipfel zwischen der EU und Afrika in Kairo im Jahre 2000 begonnen, worauf im Jahre 2007 der Gipfel in Lissabon folgte. Die ZAR stellt für die EU eine Chance dar, durch Frieden, Stabilität und einer guten Regierungsführung ihre Soft Power auch auf andere Teile Afrikas auszuweiten.
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