Renzi führt wirtschaftliche Schwäche auf chronische politische Instabilität zurück
Eine Reform der italienischen Verfassung war seit Langem notwendig geworden. Als man das bikamerale System jedoch etablierte, zog man Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg: so sollte eine Machtergreifung durch eine Einzelperson verhindert werden und eine Gegenkraft geschaffen werden, die bei einem solchen Abdriften eingreifen könnte. Die italienische Geschichte rund um Mussolinis Aufstieg ist bei der politischen Neuetablierung des Landes in Betracht gezogen worden. Aber dadurch, dass die beiden Kammern genau die gleiche Macht besitzen, hat sich der Staat selber in die politische Instabilität befördert. So waren seit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht weniger als 62 Regierungen an der Macht.
Und auch bei Reformen und Gesetzesänderungen ist der Bikameralismus mittlerweile ein Dorn im Auge, denn eine Mehrheit zu finden, ist schwer. Für eine Änderung der Verfassung fehlte lange der politische Wille.
Eine Reform des politischen Systems
Auch wenn die Verfassungsreform der Eckpfeiler Renzis Politik ist, so ist sie auch Teil einer umfassenden Restrukturierung des Landes, die der Premier begonnen hat. Zum Beispiel soll die Administration vereinfacht und die Provinzen abgeschafft werden. Auch die Justiz spürt den Wind der Veränderung: die Entscheidungen sollen schneller fallen und die Zahl der Tribunale steigen. Das Steuersystem, der Arbeitsmarkt sowie die Regelungen zu eingetragenen Partnerschaften sind im Umstrukturierungsprozess. Die Umbruchsstimmung wird dem Mittelmeerland hoffentlich neuen Schwung verleihen und die häufigen politischen Wechsel verhindern, denen es bisher ausgesetzt war und die die Wirtschaft zusätzlich schwächten. Im Dezember soll das Referendum über die Verfassung ausgetragen werden. Dann wissen wir, ob das Land bereit zur Veränderung ist, oder ob Matteo Renzi sein Mandat ablegen wird und seine ambitionierten Projekte im Sand jäh gestoppt werden.
Kommentare verfolgen: |