Man stelle sich vor wir lebten in einer Gesellschaft, in der kein Mensch - ob mit oder ohne Erwerbstätigkeit - sich mehr Sorgen über ausstehende Mietzahlungen, zu teure Lebensmittel oder die Anschaffung neuer Lernmaterialien für sich oder die eigenen Kinder zu machen bräuchte. Eigentlich ein Zustand, den man sich für Europa schon längst wünscht. Angesichts von Arbeitslosigkeitsquotenvon mehr als 20% in Griechenland und Spanien aber auch von über 10% in Frankreich, Italien oder Lettland sowie einer europaweiten Jugendarbeitslosigkeit von 21,1% bleibt dies trotz allem sozialem und wirtschaftlichem Fortschritt in Europa weiterhin eine bloße Utopie.
Die Idee eines Grundeinkommens wird weltweit diskutiert
Doch es gibt Lösungsansätze, die zu genau zu diesem Ziel führen sollen. Eins davon ist das sogenannte Grundeinkommen. Darunter wird allgemein eine finanzielle einkommensunabhängige Zuwendung für jeden Bürger eines Staates verstanden. Je nach Modell erfolgt diese Zuwendung in Abhängigkeit zu einer Erwerbstätigkeit oder losgelöst von dieser. Dann wird auch von einem bedingungslosen Grundeinkommen gesprochen (kurz BGE). Was sich zunächst nach sozialpolitischer Phantasterei anhören mag, wird mittlerweile überall in Europa und der ganzen Welt diskutiert. So wurde in Brasiliendas Recht auf ein bedingungsloses Grundeinkommen in die Verfassung aufgenommen und selbiges bisher in Teilen an die ärmsten Bevölkerungsschichten ausgezahlt. Ähnlich verhält es sich in Indien, wo in mehreren Dörfern Zahlungen an alle Bürger getätigt werden, von denen allein sie jedoch nicht leben können. Doch auch im Globalen Norden werden dem BGE-ähnliche Konzepte verwirklicht. So wird die Bevölkerung Alaskas jährlich über den Alaska Permanent Fund an den Gewinnen aus der regionalen Ölförderung beteiligt.
Finnland will Modellversuch starten
Und auch in Europa soll ein Grundeinkommen bald Realität werden. Nach dem Wahlsieg des Mitte-Rechts-Bündnisses in Finnland im April 2015 wurde ein Grundeinkommens-Modellversuch im Regierungsprogramm festgeschrieben. Über 8000 finnische Bürger zwischen 18 und 62 Jahren sollen über zwei Jahre zusätzlich zu ihrem monatlichen Gehalt – das finnische Modell ist abhängig von einer bestehenden Beschäftigung – eine staatliche Förderung erhalten. Damit ist die Idee eines Grundeinkommens nicht nur auch von konservativen Kräften aufgenommen worden (in Deutschland präferieren es weitestgehend nur die Piratenpartei und Teile von Linkspartei und Bündnisgrünen), sondern das Projekt könnte weitreichende Folgen für die Akzeptanz für solche sozialpolitischen Maßnahmen haben. Vielleicht auch hin zu einem Grundeinkommen, von dem tatsächlich der alltägliche Lebensbedarf gesichert werden kann.
Noch ist es ein weiter Weg
Ein erster Versuch das (bedingungslose) Grundeinkommen in der ganzen EU zu diskutieren ist jedoch gescheitert. Die von 2013 bis 2014 laufende europäische Bürgerinitiative zum BGE hatte am Ende zwar rund 285000 Unterschriften sammeln können, aber eben nicht genügend, damit sich die EU-Kommission mit dieser Thematik auseinandersetzt. Doch sollte sich die soziale Spaltung in Europa verschärfen, wird es wohl nicht bei diesen ersten Bemühungen um eine breite öffentliche Debatte bleiben.
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