Zeit für den Abschied

, von  Martin Samse

Zeit für den Abschied
Der bisherige griechische Finanzminister Varoufakis ist nach dem Referendum zurückgetreten. Sein Nachfolger ist Euclid Tsakalotos, der in den vergangenen Wochen als Chef-Unterhändler der griechischen Regierung im Schuldenstreit diente. Foto: © Brookings Institution / Flickr / CC BY-NC-ND 2.0 Lizenz

Die Stimmung zwischen Griechenland und den Eurostaaten ist vergiftet. Der Rücktritt von Yanis Varoufakis soll den Weg für weitere Verhandlungen bereiten. Doch ein personelles Bauernopfer wird die ökonomische Realität nicht umkehren können. Ob durch Staatsbankrott oder Schuldenschnitt – Griechenland wird seine Kredite nicht bedienen können. Es wird Zeit, dass die Staaten das zur Kenntnis nehmen.

Die Griechenlandkrise zeigt eindrucksvoll: In der Politik menschelt es. Ob politische Konflikte beigelegt werden hängt immer auch davon ab, ob sich die Akteure mögen oder zumindest wohlgesonnen sind. Selten wurde das so deutlich wie am vergangenen Sonntagabend, als der EU-Parlamentspräsident Martin Schulz den Namen der griechischen Finanzminsters, YanisVaroufakis, nicht mal mehr aussprechen wollte. Varoufakis zieht die Konsequenz aus der vergifteten Atmosphäre zwischen Griechenland und den Euroländern und kündigte am Montag seinen Rücktritt an. Die europäische politische Klasse atmet auf. Doch sie sollten sich nicht zu früh freuen: auch sie müssen sich demnächst verabschieden. Und zwar von der Vorstellung, dass Griechenland seine Schulden zurück zahlen kann.

Varoufakis ist ein Bauernopfer

Der Rücktritt Varoufakis’ findet in Absprache mit dem griechischen Regierungschefs Alexis Tsipras statt. Ihn von den Verhandlungen auszuschließen diehnt Tsipras als Zugeständnis an die Euroländer mit denen er in den nächsten Wochen weiter um die Schuldenlast Griechenlands verhandeln will.

Varoufakis ist ein klassisches Bauernopfer in einem Streit zwischen denen, die ihr Geld zurück haben wollen, und denen, die es nicht bezahlen können. Mit der Entscheidung vom Sonntag hat das griechische Volk den Geberländern die Bedingungen in diesem Streit diktiert: Keine Steuererhöhungen, keine Sparpolitik, keine Reformen.

Die „Rettung“ ist gescheitert

Seit Sonntag ist nun unmissverständlich klar, dass die Strategie der Eurorettung - Geld gegen Reformen - nicht funktionieren wird. Das Ergebnis dieser Strategie waren Generalstreiks und Sozialabbau bei einer gleichzeitig steigenden griechischen Schuldenlast. Seit Ausbruch der Krise ist die griechische Schuldenlast nie unter 300 Milliarden Euro gesunken. Das griechische Volk sieht in der bisherigen Strategie keine Perspektive für sich und riskiert lieber den Staatsbankrott. Dieser ist seit letzter Woche faktisch eingetreten, wahr haben will man es auf europäischer Ebene immer noch nicht. Denn dann wäre offiziell, dass kein Geld aus Athen an die Geber zurückfließen wird. Wenn Griechenland dann noch eine Parallelwährung einführt und aus dem Euro ausscheidet, kostet das den deutschen Steuerzahler fast 80 Milliarden Euro.

Zum Abschied keine Träne

Yanis Varoufakis kann sich mit seinem Abschied arrangieren. In einer offiziellen Wortmeldung verkündet er, die Abscheu der Kreditgeber mit Stolz hin zu nehmen. Aber wie reagieren die europäischen Steuerzahler darauf wenn sie erfahren, dass sie fünf Jahre lang um die finanzielle Belastung durch die Griechenlandkrise von Ihren Politikern getäuscht worden sind? Den mündigen Bürger sollte es zumindest interessieren, ob es zum Zeitpunkt der Schuldenübernahme eine realistische Aussicht auf eine Rückzahlung gegeben hat, die mehr war als politisches Wunschdenken. In den nächsten Wochen wird der Streit weiter gehen und es ist egal, wer für Griechenland am Verhandlungstisch sitzt. Ob Staatsbankrott oder Schuldenschnitt – das Geld ist weg.

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