Warum protestieren wir nicht alle?

, von  Giovana Faria

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Warum protestieren wir nicht alle?
Vielfalt, die es zu schützen gilt. Foto: Pixabay / eismannhans / Pixabay License

Unzählige Schüler*innen und Student*innen demonstrierten in den vergangenen Wochen für eine bessere Klimapolitik. Sie sind viele, aber sie sind nicht alle. treffpunkteuropa.de-Redakteurin Giovana Faria hat sich in ihrem Essay überlegt, welche Gründe von lautem Protest abhalten - ob in Europa, in Brasilien oder in Ostasien.

Seit der Kindheit haben wir von die Wichtigkeit des Umweltschutzes in der Schule gehört. Wir haben Zeichnungen gemalt mit Slogans wie “Rette den Planeten”, “Rette die Bäume”, “Reduzieren, Wiederverwenden und Recyceln”. Da auf jede Aktion eine Reaktion folgt, ist nun die Rechnung gekommen. Jetzt stehen wir vor der größten Umweltkrise aller Zeiten. Unter den besorgniserregenden Fällen, die die Wichtigkeit des Themas untermauern, haben wir die USA, die das Pariser Abkommen im Jahr 2018 verlassen hat, und die Umweltkriminalität, die das Bergbauunternehmen Vale in Brumadinho, Brasilien, begangen hat, die bereits etwa 121 Menschen das Leben gekostet hat.

Die Situation Brasiliens in Bezug auf das Pariser Abkommen ist unsicher. Im Jahr 2018 verteidigte der gegenwärtige Präsident Jair Bolsonaro sogar den Austritt des Landes aus dem Abkommen. Im ersten Monat seiner Amtszeit während des Weltwirtschaftsforums in Davos nahm er die Aussage jedoch zurück und stimmte zu, das Abkommen “für jetzt” zu behalten. Der derzeitige Umweltminister, Ricardo Salles, erklärte, die Emissionsreduktionsziele seien in Ordnung, aber die aktuelle Sorge der Regierung bestehe darin, dass eine solche Gesetzgebung die Freiheit, das Handeln des Unternehmertums und das Gebietsmanagement einschränken könnte.

Laut einem UN-Bericht über die Risiken des Klimawandels, wird die vom Menschen verursachte Erwärmung, wenn die Emissionen so bleiben wie heute, die Marke von 1,5 Grad Celsius um 2040 überschreiten. Zum Glück verachten nicht alle Umweltrichtlinien. Die junge 16-jährige schwedische Aktivistin Greta Thunberg war der Auslöser für den Beginn der Proteste “Fridays for Future”, die unzählige Schüler*innen aus verschiedenen europäischen Ländern dazu veranlassten, einen Schulstreik zugunsten einer neuen Klimapolitik zu unternehmen.

Während ich diesen Artikel schreibe, sind es 36 Grad Celsius in der brasilianischen Stadt, in der ich wohne. Gefühlt sind es eher 42°. Die Industrieländer sind weitgehend für den Klimawandel verantwortlich, das ist eine Tatsache. Auch wenn Proteste wie #FridaysforFuture eben in diesen Industrieländern begangen, stellen sich zahlreiche Kritiker gegen sie. Aber warum protestiert weltweit noch nicht jeder, blicken wir doch einer großen Katastrophe ins Auge?

Ein sensibler Faktor, der eine mögliche Erklärung insbesondere für die Situation von Entwicklungs- und Schwellenländern bietet: Nach einem Bericht, der auf dem Asia-Pacific Development Journal veröfentlich wurde, hängt ein großer Prozentsatz der Bevölkerung aus Schwellenländer von klimaschädliche Sektoren ab - und die Möglichkeiten für Verbesserung sind gering. Um das Wirtschaftswachstum zu beschleunigen und die Armut zu verringern, müssen die Entwicklungsländer ihre industrielle Entwicklung vorantreiben. Dabei steigen die Treibhausgasemissionen an, was zu erheblichen Klimaveränderungen führt. Wir müssen also gerade Entwicklungs- und Schwellenländern Möglichkeiten zum Bekämpfen von Armut bieten, ohne dabei auch gleichzeitig Treibhausgasemissionen zu fördern.

Die brasilianische Umweltpolitik begann nach den 1930er Jahren, und ihre Entwicklung ist hauptsächlich auf den Druck internationaler Organisationen wie der Weltbank, der UN und der NGO-Umweltbewegungen zurückzuführen. Jedoch enthüllt ein Artikel der Bundesuniversität von Espírito Santo den langen Umsetzungsprozess der brasilianischen Umweltpolitik, der bis 1989 zwar bereits formalisiert, jedoch noch nicht umgesetzt worden war. Umweltgenehmigungen wurden erst Ende der 1990er Jahre auf nationaler Ebene wirksam geregelt, und das Gesetz über Umweltsverbrechen wurde erst 1998 verabschiedet.

Brasilien führt den Global Witness-Bericht an, da es das Land mit der höchsten Zahl von Todesfällen bei Umweltaktivisten ist. 2017 gab es 57 Tote. Von Symbolen des Widerstandes, die in die Geschichte eingingen, wie Chico Mendes (1944-1988), der eine Bewegung organisierte, um das Bewusstsein für das Überleben der Wälder zu schaffen, bis zu Maria do Socorro Silva, einer Brasilianerin, die gegen eine große Aluminiumraffinerie kämpft. NGOs wie AIESEC, WWF Brasil, CI-Brasil und FBDS setzen sich für den Umweltschutz ein und arbeiten an Projekten, die auf den Entwicklungszielen der Vereinten Nationen basieren. Je größer das Bewusstsein, dass es nicht mehr um eine präventive Kampagne, sondern um ein Rettungsplan für die Erde geht, desto effizienter wird der Kampf sein.

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