Trump-Wahlkampf: Ein populistischer Exzess

, von  Martin Samse

Trump-Wahlkampf: Ein populistischer Exzess
Donald Trump führt die Vorwahlumfragen zur republikanischen Präsidentschaftskandidatur an. © Michael Vadon / Flickr/ CC BY-SA 2.0-Lizenz

Vom Immobilientycoon zum Präsidenten der USA? Multimillionär Donald Trump geht als aussichtsreicher Kandidat in die amerikanischen Präsidentschaftswahlen 2016. Seine Wahlkampagne ist ein absonderlicher Exzess von Vereinfachung, Polemisierung und Beleidigung. Donald Trump wurde lange als Witzfigur betrachtet, doch sein Populismus ist eine Gefahr für die Demokratie – auch in Europa.

Im Flynn Center for the Performing Arts in Burlington/Vermont trat am vergangenen Donnerstag ein Mann auf, der die Vorwahlen der amerikanischen Präsidentschaftswahlen seit Monaten komplett für sich vereinnahmt. Multimillionär Donald Trump sprach vor Tausenden von Anhängern, die ihm willentlich zu Füßen lagen. So wie alle seine Wahlkampfreden war Trumps Vortrag auch dieses Mal eine wüste Aneinanderreihung von Vereinfachung, islamophober Hetze und plumpem Geprolle. Atemlos sprang der Immobilientycoon von einem Themenkomplex zum nächsten: Er sprang von persönlichen Anekdoten hin zum globalen Terrorismus, von Islamismus zu Barack Obama, von Gesundheitsversorgung zu Grenzkontrollen und wieder zurück. Unterbrochen wurde er von ständigen Zwischenrufen und Sprechchören aus dem Publikum. In hitzig-aggressiver Atmosphäre inszenierte sich Donald Trump als vermeintlich letzte Hoffnung für die vom Untergang bedrohten USA. Mit diesem Narrativ steht er seit Monaten an der Spitze der Liste der republikanischen Kandidaten für die Präsidentschaftswahl 2016. Trumps Wahlkampf ist in Gänze ein populistischer Exzess, der den Europäern als Warnung gelten muss, in welche Richtung sich der demokratische Wettstreit auch auf dem europäischen Kontinent entwickeln könnte.

Der Antipolitiker

Donald Trump rühmt sich mit seinem Reichtum, den er mithilfe seiner Erfolge im Immobiliensektor erwirtschaftet hat. Er profitiert zudem von einer Popularität, die er seiner Rolle als harter Geschäftsmann in der Reality Soap „The Apprentice“ verdankt. Die Tatsache, dass er selbst früher die Wahlkämpfe anderer Politiker mit üppigen Spenden unterstützt hat, nutzt er heute als Beleg dafür, wie verkommen und korrupt die Demokratie in den USA sei. Trotz seiner Millionen positioniert sich Trump als ein Mann aus dem Volk. Es ist eine Taktik, die sich auch in Europa zunehmender Beliebtheit erfreut – die bewusste Polarisierung zwischen Volk und korruptem Establishment. Wie bei den Rechtspopulisten in Österreich, Deutschland oder Frankreich funktioniert der Trump’sche Populismus durch eine Herabsetzung und Entwürdigung des demokratischen Systems und der scheinbar notwendigen Widererlangung der Kontrolle durch das Volk.

Polemik gegen Einwanderer

Wie man das Thema Einwanderung emotionalisiert hat Trump schon in seiner Antrittsrede vom Juni 2015 gezeigt, als er Mexiko vorwarf, es würde Vergewaltiger über die Grenze nach Amerika schicken. Die Nachrichten über die Flüchtlingskrise und die Terroranschläge in Europa verrührt Trump zu einem Brei aus Ressentiments und Fremdenangst. Die sexuellen Übergriffe auf junge Frauen in der Sylvesternacht in Köln, dienen ihm dabei Einwanderer kollektiv als Sextäter zu brandmarken. Auch von europäischen Rechtspopulisten werden diese Vorfälle ausgeschlachtet und bisweilen zum deutschlandweiten Notstand verklärt.

Inszenierung anstelle von politischen Inhalten

Dabei geht Trump alles andere als zimperlich mit seinen weiblichen Kritikerinnen um. Politische Konkurentinnen und kritische Journalistinnen greift er regelmäßig unter der Gürtellinie an, und liefert den Medien somit kontinuierlich neue Schlagzeilen. Neben republikanischer Folklore (Steuersenkungen, Rücknahme der gesetzlichen Krankenversicherung etc.) unterhält er die Öffentlichkeit mit immer abstruseren Forderungen und Versprechen: Den IS will er „in die Hölle bomben“, um den Terror endgültig zu besiegen. Bis auf weiteres will er die Einwanderung von Muslimen komplett aussetzen. Er will eine Mauer zwischen Amerika und Mexiko errichten, um unliebsame lateinamerikanische Einwanderer fern zu halten. Das Internet will er an den Orten, an denen islamistische Terroristen kommunizieren, "abschalten“. Den amerikanischen Traum erklärt Donald Trump für tot und inszeniert sich selbst als den Einzigen, der ihn für das amerikanische Volk wiederbeleben könnte. Kurzum: Was Trump seit Monaten in die Öffentlichkeit pöbelt ist ein bizarrer Mix aus Vereinfachungen, unrealistischen Heilsversprechen und Hetze gegen Minderheiten.

Die Verachtung demokratischer Werte

In Burlington surft Trump mit diesen Forderungen auf einer Woge der Begeisterung. „Build-a-wall!“ (zu Deutsch: Bau eine Mauer!), skandieren seine Anhänger immerzu, wenn Trump seine Rede unterbrechen muss. Und das muss er oft, denn immer wieder mischen sich lautstarke Trump-Kritiker unter sein Publikum. Unter Sprechchören und tosendem Beifall werden die unliebsamen Zwischenrufer dann hinausgeworfen. In diesen Momenten zeigt sich das aggressive, ausgrenzende Potential in Trumps Wählerschaft.

Trumps Kandidatur und Wahlkampagne ist immer wieder verspottet und belächelt worden. Doch es ist ihm gelungen, seine überwältigenden Umfragewerte ins Jahr der Präsidentschaftswahlen zu tragen. Auch wenn ihn seine Kampagne am Ende nicht ins Oval Office bringen sollte, so schädigt sein Populismus fortwährend der Demokratie, indem er die elementaren Umgangsformen in einer demokratischen Gesellschaft mit Füßen tritt. Sein Populismus kennt keine Diskussion, keine Widerrede und keinen Kompromiss. Er kennt nur: Polarisierung, Diffamierung und Inszenierung. Um die Werte der Demokratie zu schützen muss dieser Populismus bekämpft werden – und zwar überall.

Ihr Kommentar
  • Am 15. Januar 2016 um 13:10, von  Ziggy Stardust Als Antwort Trump-Wahlkampf: Ein populistischer Exzess

    Richtig - und wie in Europa muss die derzeit herrschende Klasse es schaffen, glaubhafte Antworten auf die Punkte zu finden, mit denen Trump und europäische Populisten punkten. Es liegt in der demokratischen Verantwortung gemäßigter Parteien, dafür zu sorgen, einen gewissen Grundkonsens einer Gesellschaft zu wahren und diese mit ihrer Politik nicht unversöhnlich zu spalten.

    Trump ist in den Augen jeder halbwegs vernunftbegabten Person eine Witzfigur. Aber wenn Populisten und Extreme erfolgreich sind, zeugt das immer auch vom Versagen der derzeitigen Regierung.

  • Am 17. Januar 2016 um 14:16, von  duodecim stellae Als Antwort Trump-Wahlkampf: Ein populistischer Exzess

    Trump ist der amerikanische Silvio Berlusconi: Ein superreicher Populist, der in die Politik geht, dabei die Politik entpolitisiert, entintellektualisiert, sie in ein zweifelhaft unterhaltendes Medienspektakel verwandelt und die Bevölkerung polarisiert und dabei die Domokratie und Zivilisation demontiert.

    Das Ansehen Italiens in den anderen Staaten Europas hat unter der Regentschaft Berlusconis sehr gelitten. Vielleicht wäre ein Wahlsieg von Trump gut für Europa, weil es die USA von uns menthal entfremden würde und Europa dann gezwungen wäre sich stärker auf sich selbst zu konzentrieren und seine Kräfte stärker auf eine gemeinsame Geopolitik fokussieren müßte. Wenn Trump und Putin beispielsweise einen auf beste Kumpel (wie dies sich in letzter Zeit schon angedeutet hat) machen, müßten sich selbst anti-Brüssel-Hardliner wie zum Beispiel die polnischen Nationalisten stärker Richtung Brüssel orientieren, weil Washington die Beziehungen zu Moskau über die zu Warschau stellen würde und als großer Beschützer ausfällt.

    ... Auf der anderen Seite könnte Trump natürlich den atomaren Weltuntergang herbeiführen, indem er den Konflikt mit China sucht... Aber naja, „No risk, no fun.“ Trump for Prez! Thumbs up! Gefällt mir!

  • Am 28. Januar 2016 um 12:01, von  Marco Als Antwort Trump-Wahlkampf: Ein populistischer Exzess

    Man darf natürlich nicht vergessen, dass Trump bei aller Polemik vor allem eins ist: Ein Showman. Jemand der weniger Populist ist als vielmehr Selbstdarsteller und der natürlich enorm von zwei grundsätzlichen Paradigmen in der republikanischen Parteispitze profitiert: Das ist zum einen das Fehlen einer vorzeigbaren moderaten Alternative (wer will es den Republikanern verdenken, nachdem sie damit 2008 und 2012 auf die Nase geflogen sind?). Der hierzulande oft als moderat angesehene Rubio hat einen konservativeren Voting Record im Senat als die meisten Südstaatensenatoren; Bush hat Geld aber keine mediale Präsenz mehr, Kasich, Christie, Fiorina und der formal immer noch im Rennen befindliche Paul teilen den Rest der gemäßigten Stimmen unter sich auf. Das führt dann eben dazu, dass ein Trump etwa in New Hampshire klar in Führung liegt - wenn allerdings in einem Monat der übliche Kandidaten-Exodus ansteht, dann kann sich das Blatt schnell wieder wenden. Der andere Grund ist der, dass sein stärkster Rivale Cruz im Kongress verhasst ist wie kaum jemand sonst. Und wenn die Führungsspitze der Republikaner (McConnell, Hatch, Cornyn...) durchblicken lässt, dass sie 2016 lieber mit Trump untergeht anstatt Cruz oder Huckabee auf das Ticket zu setzen, dann zeigt das weniger eine Hingabe zum Populismus als einen Bedeutungsverlust der christlichen Rechten.

    Alles in allem ist Trump nach meinem Dafürhalten längst nicht so schlimm wie Cruz, Carson oder Konsorten. Die sind vielleicht freundlicher und nicht so ostentativ xenophob, dafür aber um so gefährlicher. Der Showman Trump wird wissen, dass sein populistischer Ansatz (der übrigens in den USA eine lange Tradition hat, man denke nur an William Jennings Bryan) vor allem Folklore ist - und ich glaube eher nicht, dass man sich für den absolut unwahrscheinlichen Fall seiner Wahl ernsthaft ein konsistentes Europabild seinerseits aus Primary-Wahlkampfversatzstücken zusammenbasteln kann.

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