Weltfrauentag 2021

Starke Frauen mit starken Vorbildern

, von  Nele Aulbert

Starke Frauen mit starken Vorbildern
Am 08. März 2021 war Weltfrauentag: Wir waren bei der politischen Diskussionsrunde „Frau.Macht.Europa“. Foto: Yannick Miethke

Im Rahmen des Weltfrauentages 2021 haben wir an einer politischen Diskussionsrunde der JEF Deutschland teilgenommen. Unter dem Motto „Frau.Macht.Europa.“ wurde der Bedeutung der Frauen für Europa gewürdigt und eine Antwort auf die Frage gesucht: Wie kann die Gleichstellung von Frauen in Europa erreicht werden? Ein Porträt der Veranstaltung von Nele Aulbert.

Als die Panelistinnen der Veranstaltung gefragt werden, wer für sie inspirierende Frauen in der europäischen Politik sind, fallen große Namen: Cecilia Malmström, Margrethe Vestager, Kaja Kallas oder Svenja Hahn. Doch es geht nicht nur um deren Politik, sondern auch um die eigene Identität und die Identität als Frau in der Öffentlichkeit. „Ich habe Hobbies, wie backen oder nähen. Ich bin eine fröhliche Person, die gerne redet. Früher dachte ich, diese Eigenschaften muss ich verstecken und mir Charakterzüge von männlichen Politikern aneignen, um in der Politik ernstgenommen zu werden. Frauen, wie Margrethe Vestager, haben mir gezeigt, dass das nicht stimmt“, erzählt Leonie Martin. Sie ist die Präsidentin der Jungen Europäischen Föderalisten Europa und eine von vier inspirierenden Frauen, die sich für Europa engagieren und heute Abend von ihrer Karriere als Frau in der Politik berichten. Die weiteren Gästinnen sind Linn Selle, Präsidentin der Europäischen Bewegung Deutschland, Ria Schröder, Beisitzerin im Bundesvorstand der FDP und Friederike Schier, Präsidentin von VOLT Deutschland. „Wenn man keine Vorbilder hat, ist es als Frau umso schwerer sich mit ihrer Rolle in der Führungsposition zu identifizieren und stolz auf sich zu sein. Vorbilder sind nach wie vor eine große Stütze“, ergänzt Linn Selle. Sie schätzt vor allem den Mut von Malmström und Vestager, neue Politik auszuprobieren, klar zu ihrer Rolle als Mutter und Führungskraft zu stehen und zu zeigen, dass sich diese beiden Positionen keinesfalls ausschließen. Ria Schröder und Friederike Schier sehen vor allem in den jungen Frauen, die sich mehr und mehr in der Politik etablieren, große Vorbilder. „Die Frauen mit denen ich tagtäglich Seite an Seite arbeite, sind für mich die größte Inspiration und Motivation“, erzählt Schier.

Vernetzung und Solidarität gegen Diskriminierung und Ignoranz

Die Panelistinnen machen Mut. Sie finden klare Worte, zeigen was möglich ist und betonen wie wichtig es ist, Vorreiterin zu sein. „Ich weiß von einigen Frauen, die sich 2019 für Vorstandspositionen beworben haben, weil sie wussten, dass ich als Vorsitzende kandidiere“, erzählt Leonie Martin. Doch sie machen auch auf die Herausforderungen aufmerksam, die einem als Frau in der Politik begegnen. „Es sind oft kleine Sachen. Man(n) grüßt dich nicht mit Handschlag, man(n) vergisst deinen Namen. Das ist, wenn es das erste Mal passiert, eine sehr merkwürdige Situation“, so Martin. Wie man damit umgeht? Frau bildet Allianzen, Frau vernetzt sich und zeigt gegenseitige Solidarität. Sie fordert sich heraus, über Politik zu sprechen und sie mit zu formen. Statt die Posten der Social-Media-Managerin oder der Generalsekretärin zu bekleiden, könnte Frau die europäische Außenpolitik gestalten, eine Sparte, die immer noch stark von Männern dominiert wird.



Banden bilden: Es ist wichtig, dass Frauen sich in der Politik vernetzen und gegenseitig unterstützen. Foto: Yannick Miethke


Gegen Ende der Veranstaltung wird die Frage nach Macht gestellt. Ria Schröder betont, es sei wichtig, dass Frauen nach Macht streben, um Dinge zu verändern. „Wir müssen daran arbeiten, dass der Machtbegriff anders verwendet wird. Macht ist, etwas zu gestalten und auch anderen Macht abzugeben. Frauen neigen dazu, sich nicht mit dem Begriff zu identifizieren“, erklärt sie. „Sie dürfen stolz sein auf ihre Arbeit und Lob für ihre Errungenschaften einfordern!“

Die Pandemie als Rückschlag der Gleichberechtigung

Friederike Schier fordert dazu auf, immer wieder auf die strukturelle Diskriminierung der Frauen aufmerksam zu machen: „Die Frauenquote ist ein Werkzeug, um innerhalb der Strukturen für Gleichberechtigung zu sorgen. Dadurch kann arbeitskulturell sehr viel getan werden, zum Beispiel durch Paritätsposten.“ Corona bringt in unserer Gesellschaft momentan viele Realitäten ans Licht: „Die Gleichberechtigung wurde durch die Pandemie stark zurückgeworfen. Durch die Schließung der Kitas und Schulen und die dadurch entstandene Care-Arbeit wurden Frauen wieder stark in das traditionelle Rollenbild zurückgedrängt“, so Ria Schröder. Die Statistiken zeigen: Wenn die Frage nach der Betreuung der Kinder in heterosexuellen Beziehungen neu diskutiert wird, fällt die Aufgabe oft auf die Frauen zurück.



Das Einkommen einer Frau nach der Geburt des ersten Kindes sinkt enorm, die Gleichberechtigung auch. Foto: Katapult Magazin


Und was können wir aktiv tun? Linn Selle appelliert an die Diversität von Entscheidungspositionen: „In der Corona-Zeit wurde deutlich, wer die Entscheidungen trifft. In der Minister*innen-Konferenz sitzen sehr wenige Frauen und sehr wenige junge Menschen. Das hat sich bei vielen Entscheidungen zu Kita-Öffnungen und Schulpolitik wiedergespiegelt.“ Für eine repräsentative Demokratie sei es wichtig, dass auf hohen Positionen mehr Perspektiven vertreten werden. Selle ermutigt junge Frauen stark zu bleiben, denn egal in welchem europäischen Land Frau lebt, es sei noch viel Arbeit zu tun. „Ich hoffe, dass in 10 Jahren die EU wieder eine klare Schrittmacherfunktion bei gleichpolitischen Fragen einnimmt. Bis dahin, stärkt euch gegenseitig den Rücken!“

Eine feministische Zukunft

Starke Frauen als starke Vorbilder für uns alle. Was Frau sich wünscht für die feministische Zukunft? Eine Frauenpolitik für alle Frauen Europas, eine klare juristische Linie gegen Gewalt gegen Frauen, europaweite Berichte über Femizide und eine Stärkung der Intersektionalität im feministischen Kampf gegen patriarchale Strukturen. Die Plenumsdiskussion weckt Hoffnung und zeigt auf, wie viele inspirierende Frauen daran arbeiten, den Weg für eine gleichgestellte EU-Politik zu ebnen.

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