Offener Brief an Jean-Claude Juncker zur Ernennung von Tibor Navracsics zum EU-Kommissar für Kultur, Bildung, Jugend und Bürgerschaft

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Offener Brief an Jean-Claude Juncker zur Ernennung von Tibor Navracsics zum EU-Kommissar für Kultur, Bildung, Jugend und Bürgerschaft
Tibor Navracsics hatte als Justizminister unter Victor Orbán die Einschränkung der Pressefreiheit in seinem Land mit verantwortet. Jetzt soll er das Ressort Kultur, Bildung, Jugend und Bürgerschaft in der EU-Kommission übernehmen. Foto: © European Union 2014 / European Commission

Treffpunkt Europa teilt die Bestürzung der Jungen Europäischen Bewegung über die Nominierung von Tibor Navracsics zum Kommissar für Bildung, Kultur, Jugend und Bürgerschaft. Wir rufen hiermit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und die Mitglieder des Europäischen Parlaments in einem offenen Brief dazu auf, diese Nominierung rückgängig zu machen.

Sehr geehrter Herr Juncker,

vor Kurzem haben Sie bekanntgegeben, welcher EU-Kommissar welchen Aufgabenbereich übernehmen soll und dabei Tibor Navracsics zum Kommissar für Kultur, Bildung, Jugend und Bürgerschaft ernannt. Die Unterzeichner dieses offenen Briefes vertreten zivilgesellschaftliche Netzwerke und Organisationen, die das Europäische Jahr der Bürgerinnen und Bürger 2013 und 2014 mit ausgerichtet haben. Sie sind der Meinung, dass die Ernennung von Tibor Navracsics völlig inakzeptabel ist.

Tibor Navracsics hatte mit seiner Politik unter Victor Orbán maßgeblich gegen die Werte der Europäischen Verträge verstoßen. Die EU-Kommission kritisierte unter anderem die ungarische Verfassungsreform 2013 und die Reformen zur Einschränkung der Pressefreiheit 2011. Daher sehen wir, auf der Grundlage der demokratischen Prinzipien der EU, eine Gefährdung der Beziehungen zwischen EU-Kommission und zivilgesellschaftlichen Organisationen.

In einer Zeit, in der die ungarische Regierung mit Hilfe der Polizei versucht Verbände einzuschüchtern, die ihre Ansichten nicht teilen, kommt Ihre vorgeschlagene Ernennung als eine überraschende und besorgniserregende Nachricht. Sie spricht gegen die Normen und Werte des europäischen Projekts und auch gegen die Bestrebungen des Arbeitsplans der neuen EU-Kommission, den Sie im Juni dem Europäischen Parlament vorgestellt haben.

Für uns müssen die Bereiche Bildung, Kultur, Jugend und Bürgerschaft alle Werte des Europäischen Projekts umfassen und eine offene und inklusive Gesellschaft für alle garantieren. Seit der Finanz- und Wirtschaftskrise kommt Wirtschaft vor sozialen Belangen in Europa. Die Ernennung von Tibor Navracsics verstehen wir als Ablehnung der Umsetzung dieser Werte. Die sendet den Bürgern ein entmutigendes Signal für die Zukunft Europas. Sie werden verstehen, Herr Präsident, dass wir keine andere Wahl haben, als das Europäische Parlament dazu aufzufordern, Ihre vorgeschlagene Ernennung von Tibor Navracsics abzulehnen.

Des Weiteren sind wir davon überzeugt, dass die strikte Anwendung von Artikel 11 des Europäischen Vertrags dazu beiträgt, das verloren gegangene Vertrauen der Bürger in die EU-Institutionen wieder herzustellen. Deshalb haben wir ein weiteres Anliegen: In Übereinstimmung mit den Empfehlungen, die im Rahmen des Europäischen Jahres der Bürgerinnen und Bürger - EYCA [1] - entstanden sind, bitten wir Sie darum, die Zuständigkeit für Bürgerrechte und zivilen Dialog einem der Vizepräsidenten der Europäischen Kommission zuzuweisen.

Beide Bereiche könnten unter das Ressort des Vizepräsidenten fallen, der für die „Bessere Rechtsetzung, Inter-Institutionelle Beziehungen, die Rechtsstaatlichkeit und die Charta der Grundrechte" zuständig ist. Der Zivildialog hätte dadurch den gleichen Stellenwert wie der soziale Dialog und könnte so zu einem entscheidenden Instrument für die demokratische Legitimität der EU werden.

Wir sind besorgt um die Legitimität und Effizienz des Dialogs zwischen den Europäischen Institutionen und der Zivilgesellschaft in all ihren Formen der Organisation und betonen unser Engagement für die proklamierten Werte des europäischen Projekts. In diesem Sinne möchten wir Ihnen, Herr Juncker, unseren respektvollen Gruß senden.

Anmerkungen

[1Das Europäische Jahr der Bürgerinnen und Bürger (European Year of Citizens Alliande/ EYCA) wurden von 62 europäischen Netzwerken errichtet und schaftte es, mehr als 4.500 Organisationen aus 50 europäischen Ländern zu vernetzen, um während dem Europäischen Jahr der Bürgerinnen und Bürger zusammen zu arbeiten. Einer der wichtigsten Erfolge dieser gemeinsamen Zusammenarbeit sind die politischen Empfehlungen.

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