Münzgeschichten

, von  Marcel Wollscheid

Münzgeschichten
Die Euromünzen spiegeln auf ihren zwei Seiten das europäische Motto „In Vielfalt geeint“ wider. Foto: privat.

Europa begegnet uns im Alltag an jeder Ecke – oftmals ganz unbewusst. Schon wenn wir morgens in die Brieftasche greifen, um einen Kaffee am Imbiss zu kaufen, halten wir ein kleines Stück europäischer Integration in den Händen: die Euromünze.

Der Euro wurde am 1. Januar 2002 als Bargeldwährung eingeführt. Die Deutschen tauschten die D-Mark, die Franzosen den Franc, die Spanier die Peseten gegen die gemeinsame Währung ein. Heute wird in achtzehn Mitgliedsländern der Europäischen Union mit dem Euro bezahlt. Ein Kontinent im Fluss - das ist Alltag in einer Währungsunion.

Kolumne „Europa im Blick“

Ein Blick in die Brieftasche fördert somit ganz zufällig Geschichte aus den Herkunftsländern der Münzen zutage. Etwa die kleine rote 1-Cent-Münze mit Prägungsjahr 2004 aus Luxemburg. Sie zeigt das Konterfei von Großherzog Henri unter den zwölf Sternen der EU. Sie mag von einer Tankstelle im luxemburgischen Wasserbillig stammen, die von deutschen Pendlern in der Grenzregion wegen der niedrigen Benzinpreise gerne angesteuert wird.

Ein weiterer Griff in den Kleingeldbeutel bringt eine 50-Cent-Münze aus Italien hervor. Sie zeigt das Reiterstandbild des römischen Kaisers Marcus Aurelius auf dem Kapitolspflaster von Michelangelo. Marcus Aurelius gilt als der Stoiker auf dem Kaiserthron. Seine Lebensphilosophie war von Selbstbeherrschung, Bescheidenheit und innerer Unabhängigkeit geprägt. Wer die Originalstatue des Kaisers sehen möchte, muss die Kapitolinischen Museen in Rom besuchen. Womöglich hat die Münze gar ein Tourist nach einem Besuch der italienischen Hauptstadt zurück nach Deutschland mitgebracht.

Auf der Rückseite der 20-Cent-Münze aus Belgien ist König Albert II. abgebildet. Daneben steht das königliche Monogramm, ein großes „A“ unter einer Krone. Die Jahreszahl 2000 zeigt, dass die Münze aus der ersten von vier belgischen Prägereihen stammt. Albert II. dankte im vergangenen Jahr ab; sein Sohn Philippe wurde neuer König von Belgien. Sein Seitenportrait ist bereits auf der jüngsten belgischen Serie von 2014 eingraviert.

In der Europäischen Union reisen Menschen ganz selbstverständlich über Grenzen hinweg. Sie tragen Münzen mit sich, tauschen sie aus und hinterlassen damit ihre Spuren. Was ein Griff in das Portemonnaie hervorbringt, ist nicht nur ein Träger der Währung, sondern auch ein Träger von Geschichten. Neue Geschichten warten darauf, auf den kleinen Münzen verewigt zu werden.

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