Themenschwerpunkt: Migration in Europa

Komm Europa, zeig dich solidarisch!

, von  Lisa Bednarz

Komm Europa, zeig dich solidarisch!
Foto: flickr / Rasande Tyskar / CC BY-NC 2.0 (Logo zum Foto hinzugefügt)

Im Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos herrscht ein Ausnahmezustand. In der Form des Coronavirus tickt eine Zeitbombe und man rechnet jeden Tag mit dem Schlimmsten. Das völlig überfüllte Camp muss schnellstmöglich evakuiert werden, um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. Ein Kommentar.

Die ganze Welt steht still und bleibt so gut es geht Zuhause. So auch die Politik. Die EU scheint sich in einem Koma zu befinden, unsicher, ob sie und der Euro ein weiteres Todesopfer des Coronavirus sein werden. Jeden Tag kommt eine neue Sondersendung im Fernsehen, mit immer weiter steigenden Todeszahlen. Die Dunkelziffer des Virus scheint unfassbar hoch zu sein und die Forschung läuft auf Hochbetrieb, jedoch ist ein Heilmittel frühestens nächstes Jahr zu erwarten. Ein Zeitraum, den weder unsere Wirtschaft noch die psychische Gesundheit vieler Bürger*innen mitmachen wird. Eine Lösung muss her, das ist allen klar. Und die Bundesregierung tut angeblich was sie kann. Die Umfragewerte der Union sind hoch, gerade Kanzlerin Merkel wird gelobt für ihre beruhigenden Worte und ihr klares Handeln in dieser Zeit.

Guckt man nach Europa sieht das schon wieder ganz anders aus. Viele unserer europäischen Nachbarn kämpfen viel intensiver als wir mit dem Virus. Corona hat Italien und Spanien komplett lahmgelegt. Solidarität muss gezeigt werden, dafür ist Europa schließlich da, oder? Deutschland hilft angeblich wo es nur kann. So wurden bereits Patient*innen unter anderem aus Italien nach Deutschland gebracht, um hier behandelt zu werden. Solidarität muss großgeschrieben werden in Zeiten der Krise. Wir alle sollen uns solidarisch zeigen und persönliche Kontakte soweit wie nur möglich einschränken. Wieso aber schreibt die EU Solidarität nicht groß?

Ein Versagen europäischer Solidarität in Moria

Stell dir vor, du musst aus deinem Land fliehen, dein Zuhause zurücklassen, und ein neues Leben an einem dir unbekanntem Ort anfangen, ohne Sicherheit dort jemals anzukommen. Du bist voller Hoffnung, denn Hoffnung ist das einzige, was dich weitermachen lässt. Dann kommst du endlich in der EU an. Der Ort der Frieden verspricht, den du dir ständig ersehnt hast. Jedoch ist dieser Ort ganz anders als du ihn dir vorgestellt hast. Knapp 40.000 Geflüchtete befinden sich momentan auf den griechischen Inseln. Auf der kleinen Insel Lesbos sitzen rund 20.000 Geflüchtete im Lager Moria, das auf maximal 3000 Menschen ausgelegt ist. Privatsphäre ist nicht gegeben. Menschenrechte, auf die die EU doch so stolz ist, werden hier mit den Füßen getreten. Die Angst vor dem Coronavirus ist zu spüren, im Lager herrscht eine angespannte Stimmung. Die Menschen warten regelrecht auf den Ausbruch der Krankheit.

Als einziger Europaabgeordneter ist der Grüne Erik Marquart vor Ort und beobachtet die prekäre Lage zusammen mit Organisationen wie Sea Watch. „Social Distancing“ ist in Moria schlichtweg nicht möglich. Wenn das Virus erstmal ankommt, gibt es kein Zurück, für viele Menschen wäre dies das Ende. Ein menschenunwürdiges Ende, bei dem die EU einfach wegschaut. Während Ursula von der Leyen demonstriert, wie man sich in Zeiten von Corona am besten die Hände wäscht, gibt es in Moria kein fließendes Wasser. Die medizinische Versorgung ist nicht ansatzweise ausreichend.

Die Situation in Moria ist längst viral gegangen, unter dem Motto #leaveNoOneBehind fordern viele eine (europäische) Lösung – bevor es zu spät ist. Die Petition mit dem gleichen Namen auf change.org hat bereits über 320.000 Unterschriften gesammelt und wurde von vielen Prominenten mitgetragen und geteilt. Der Hashtag verzeichnet auf Instagram über 67.400 Beiträge. Der Druck der Bevölkerung auf die Politik wächst.

Unzureichende Lösungsansätze ohne Konzept

Viele Länder der EU zeigen sich nicht bereit, Geflüchtete aufzunehmen. Die EU steht vor einem riesigen Problem, doch anstatt Druck auf die Mitgliedsstaaten auszuüben und zu einer europäischen Lösung zu kommen, bleibt Brüssel ruhig. Während der Corona-Pandemie sind die Sitzungen bis auf weiteres vertagt. Die Probleme der EU lassen sich jedoch nicht so einfach vertagen. Es wird auf Video- und Telefonkonferenzen ausgewichen.

Nun kommt es also auf die einzelnen Länder an. Deutschland hat sich bereiterklärt, 50 unbegleitete Kinder aufzunehmen. Am besten junge Mädchen unter 14. In Anbetracht der Lage viel zu wenig. Jedes Bundesland müsste also 3 oder 4 Kinder aufnehmen, eine lächerliche Zahl. Viele Kommunen und Städte zeigen sich bereit, mehr Menschen aufzunehmen, dies wird ihnen aber verweigert. Dabei fürchtet sich niemand in der Politik vor den Menschen, sondern lediglich vor den Auswirkungen auf Wahlergebnisse, die die Aufnahme der Geflüchteten mit sich bringen würde.

Grade zeigt sich, ob die EU ein Friedensprojekt ist oder doch nur ein Wirtschaftsabkommen. Die Politik sollte nun genauso kreativ handeln wie die meisten Menschen es tun, denn diese Krise verlangt Kreativität von uns. Online-Demonstrationen, Petitionen, Videokonferenzen, egal wie, schließt euch zusammen. Nur zusammen können wir die Schutzlosen in unserer Mitte schützen. Dies sind nicht bloß Geflüchtete, sondern auch Obdachsuchende, Menschen mit Behinderung und viele mehr. Nun wird sich zeigen, zu was unsere Gesellschaft fähig ist.

Ihr Kommentar
Wer sind Sie?

Um Ihren Avatar hier anzeigen zu lassen, registrieren Sie sich erst hier gravatar.com (kostenlos und einfach). Vergessen Sie nicht, hier Ihre E-Mail-Adresse einzutragen.

Hinterlassen Sie Ihren Kommentar hier.

Dieses Feld akzeptiert SPIP-Abkürzungen {{gras}} {italique} -*liste [texte->url] <quote> <code> et le code HTML <q> <del> <ins>. Absätze anlegen mit Leerzeilen.

Kommentare verfolgen: RSS 2.0 | Atom