ENF – Laurențiu Rebega
Für eigenwillige Entscheidungen war Laurențiu Rebega bislang nicht bekannt. 2014 zog er auf der Liste der rumänischen Koalition aus Konservativen, Sozialdemokraten und Union für den Fortschritt Rumäniens ins Europäische Parlament ein. Die Koalition gehört dort der Fraktion der Sozialdemokraten an. Rebega stimmte laut VoteWatch in 100 Prozent der Entscheidungen nach der Linie seiner nationalen Partei und in 96 Prozent im Sinne seiner europäischen Parteienfamilie ab. Ein erstaunlich loyales Abstimmungsverhalten.
Umso überraschender, dass Rebega im Juni 2015 von den Sozialdemokraten ins Lager der ENF um Le Pen und Wilders wechselte. Mit diesem Schritt sicherte er zum damaligen Zeitpunkt das Bestehen der ENF. Rebega ist unter den 39 Abgeordneten der ENF der einzige Rumäne und repräsentiert damit die achte Nationalität in der Fraktion. Mindestens sieben Mitgliedsländer müssen in einer Fraktion vertreten sein. Rebegas ungewöhnlicher Seitenwechsel dürfte mit ein Grund sein, dass er von der ENF als Kandidat für die Nachfolge von Parlamentspräsident Schulz aufgestellt wurde.
Laurențiu Rebega (Foto: Laurentiu Rebega / Wiki)
Vor seiner Zeit als Mitglied des Europäischen Parlaments war Rebega in Rumänien Vizevorsitzender des Verwaltungsdistrikts Prahova. Rebegas Expertise liegt im Bereich der Landwirtschaft. Nach dem Studium arbeitete er in einem Beratungsunternehmen sowie als Manager in diesem Bereich. Laut Euractiv ist er ein Freund des Landwirtschaftsministers Daniel Constantin. In Rumänien wird gegen Rebega wegen Korruptionsvorwürfen ermittelt. Im Europäischen Parlament ist Rebega Mitglied des Ausschusses für Landwirtschaft und landwirtschaftliche Entwicklung.
Ob Rebega als Präsident des Europäischen Parlamentes eine eigenständige politische Linie finden oder sich loyal gegenüber der von Wilders und Le Pen angeführten ENF verhalten würde ist fraglich.
NI - Martin Sonneborn
Martin Sonneborn - NI
„Wir betreiben ehrbaren Populismus seit 2004. Jetzt kommt ein dahergelaufener Schwachkopf und gewinnt mit unseriösem Populismus viel mehr Stimmen.“ Dass seine alte Forderung, die Berliner Mauer wieder aufzubauen von Trumps Mauerbau an der mexikanischen Grenze getoppt wurde, sei erniedrigend, sagt Martin Sonneborn im SZ-Interview.
Es spricht für die Verrücktheit der Zeiten, wenn ein Clown die Wahrheit sagt. Martin Sonneborn ist Chef der Satire-Partei, DIE PARTEI und ehemaliger Chefredakteur der Titanic. Auf seiner homepage bezeichnet er sich stolz als inoffiziellen Fraktionsführer der Fraktionslosen (NI). Jetzt möchte er Präsident des Europäischen Parlaments werden.
Die Satire darf bekanntlich alles und Humor ist eine wahrhaft demokratische Tugend. Da überrascht es nicht, dass neben allerlei unterhaltsamem Klamauk auch ernsthafte Gedanken unter Sonnenborns Äußerungen sind. So beklagte Sonneborn zuletzt im Interview mit treffpunkteuropa, dass das Europäische Parlament kein Initiativrecht habe.
Für Aufregung sorgte zuletzt Sonneborns Rede „State of da Union“ - in Anlehnung an die zuvor von Junker gehaltene Rede State of the Union. Darin empfahl er nach dem Brexit auch Irland auszuschließen wegen der Steuervorteile an Apple. Applaus für diese „brillante Rede“ gab es dafür auch von der neurechten Plattform „Deutsche Wirtschaftsnachrichten“. Ob die Verschwörungstheoretiker sich zuvor in unserem Interview über Sonneborns Vision für Europa - „Ein Kern-Europa mit 27 Satellitenstaaten und mir an der Spitze“ - informiert hatten?
Martin Sonneborn (Foto: Olaf Kosinsky / Wikipedia)
Noch auf einen weiteren simplen Fakt hatte Sonneborn in unserem Interview aufmerksam gemacht: Marine Le Pen ist die Tochter von Jean-Marie Le Pen. Der ehemalige Chef des Front National, der wegen Folter im Algerienkrieg und Holocaustleugnung vor Gericht stand, sitzt als Fraktionsloser im EU-Parlament zwei Sitze neben Sonneborn. Was die Satire Sonneborns von der Realsatire der Rechtspopulisten unterscheidet, die EU-Diäten beziehen während sie an der Zerstörung der EU arbeiten? Sie nimmt sich weniger ernst.
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