#EuropaSozialerMachen: Warum die Europäische Union eine EU-weite Arbeitslosenversicherung und Maßnahmen zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit braucht!

Europa sozialer machen

, von  Marie Menke

Europa sozialer machen
Eine EU-weite Jugendstrategie zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit gibt es schon. Nur Wirkung hat sie noch nicht gezeigt.
Foto: Pixabay / rawpixel / Pixabay License

Die EU kämpft mit Arbeitslosigkeit. Dringend nötig sind effiziente Maßnahmen, um diese zu bekämpfen. Unter dem Hashtag #EuropaMachen setzen sich die Jungen Europäischen Föderalisten bei den Europawahlen 2019 für eine bessere Europäische Union ein. Auf treffpunkteuropa.de schauen wir uns ihre Forderungen genauer an. Heute: Europäische Arbeitslosenversicherung einführen, soziale Rechte stärken und Jugendarbeitslosigkeit EU-weit bekämpfen! Befürworter*innen wollen mit einer europäischen Arbeitslosenversicherung Arbeitslosigkeit abfedern; Kritiker*innen halten sie für den falschen Weg.

Worum geht’s?

Wer arbeitslos ist, erhält Unterstützung aus einer Arbeitslosenversicherung. Eine solche besteht innerhalb der EU in jedem Nationalstaat, auch in Deutschland. Die Jungen Europäischen Föderalisten finden, dass dabei die europäische Ebene vergessen wird: Sie fordern eine EU-weite Arbeitslosenversicherung über die Grenzen der Nationalstaaten hinweg, auf die alle EU-Bürger*innen zurückgreifen können.

Außerdem sprechen sie sich für eine Erneuerung der Jugendstrategie aus: Dabei handelt es sich um Maßnahmen, die die Europäische Kommission beschlossen hat, um u.a. für mehr Chancengleichheit im Bildungssystem zu sorgen und insgesamt gegen Jugendarbeitslosigkeit vorzugehen. Die Jugendstrategie bezeichnen die Jungen Europäischen Föderalisten aber als „bisher erfolglos“ und fordern eine Überarbeitung.

Was sagen Kritiker*innen?

Einige Kritiker*innen sehen die Souveranität, also die Unabhängigkeit, der Nationalstaaten verletzt: Sie finden, dass nur Nationalstaaten das Recht und die Verantwortung haben sollten, ihren Bürger*innen eine Arbeitslosenversicherung zu bieten. Einige fürchten außerdem, dass bei einer europäischen Arbeitslosenversicherung wirtschaftlich stärkere Länder dazu gezwungen werden, Länder, die wirtschaftlich schlechter dastehen, zu unterstützen.

Andere Kritiker*innen stimmen mit Befürworter*innen überein, dass die EU gemeinsam mehr für die Absicherung Arbeitsloser unternehmen muss. Sie finden aber, dass eine europäische Arbeitslosenversicherung nicht das beste Instrument dafür ist. Die Versicherungssysteme der Nationalstaaten sind sehr unterschiedlich: So wird z.B. unterschiedlich viel und unterschiedlich lange Arbeitslosengeld ausgezahlt. Mit einer europäischen Arbeitslosenversicherung würde man Systeme vereinheitlichen, die an die individuellen Nationalstaaten angepasst sind, und in Systeme eingreifen, an denen zuvor lange gearbeitet wurde. Einige dieser Kritiker*innen finden, dass ein europäisches Budget, in das die Staaten einzahlen und aus dem sie zugleich Leistungen für Arbeitslose finanzieren können, eine bessere Lösung wäre. Dann müsste keine neue Versicherung aufgebaut werden.

Weitaus weniger Kritiker*innen findet die Überarbeitung der Jugendstrategie. Dass Jugendarbeitslosigkeit ein Problem in Europa ist, ist vergleichsweise unstrittig. Da diese in den letzten Jahren nicht bekämpft werden konnte, gilt die Jugendstrategie weitgehend als gescheitert.

Was sagen Befürworter*innen?

Befürworter*innen der Forderung nach einer europäischen Arbeitslosenversicherung finden nicht, dass es ein Problem ist, wenn wirtschaftlich stärkere Länder anderen unter die Arme greifen. Sie argumentieren, dass z.B. Deutschland vergleichsweise wirtschaftlich stark ist, dabei aber eben von Exporten, also davon, dass Bürger*innen anderer Länder deutsche Produkte kaufen, profitiert und damit auch ein Stück weit auf Kosten der anderen Länder lebt.

Außerdem möchten Befürworter*innen, dass die Lebensverhältnisse in Europa angeglichen werden, damit die EU gerechter wird. Aktuell ist die Jugendarbeitslosigkeit zum Beispiel in Spanien viel höher als in Dänemark. Damit Länder wie Spanien gegenüber Ländern wie Dänemark aufholen können, bräuchte es EU-weite Zusammenarbeit.

Weiter argumentieren Befürworter*innen, dass die Wirtschaft der EU anfällig für Krisen ist. Eine Arbeitslosenversicherung könnte dem Konjunkturausgleich dienen, also in Zeiten unterstützen, in denen es der Wirtschaft weniger gut geht. Außerhalb einer Währungsunion gibt es andere Mechanismen wie Wechselkurse, mit denen sich einzelne Länder zumindest teilweise davor schützen, dass Krisen aus anderen Ländern auf sie herüberschwappen. Weil dies innerhalb der EU durch ihre gemeinsame Währung nicht möglich ist, braucht es Instrumente, um mit Krisen umzugehen.

Im Fall der Jugendstrategie findet ein Großteil der Befürworter*innen einer Überarbeitung die Maßnahmen der Kommission zwar gut, hält sie aber für nicht ausreichend. Sie kritisieren zum Beispiel, dass die Maßnahmen für die Nationalstaaten nicht verpflichtend sind. Außerdem beziehen sie Akteur*innen wie z.B. Jugendorganisationen, die nur in einzelnen Ländern oder Regionen arbeiten, nicht ausreichend ein. Daher könnte eine Überarbeitung dabei helfen, die definierten Ziele zu erreichen.

Umfrage: Was sagt ihr zur Europäischen Arbeitslosenversicherung?

Hannah Illing
Redakteurin bei treffpunkteuropa.de
„Die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland lag im Januar 2019 bei 6 %, in Italien dagegen bei 33 %. Um solche Differenzen zwischen EU-Ländern auszugleichen, fordern die Jungen Europäischen Föderalisten eine gemeinsame europäische Arbeitslosenversicherung. Deutlich effizienter wäre aber der direkte Finanztransfer aus einem gemeinsamen EU-Haushalt, wie ihn Emmanuel Macron in seiner Sorbonne-Rede 2017 gefordert hat. Leider hat unter anderem die deutsche Regierung diese Reformvorschläge abgeblockt.“

„Ein Europa der Zukunft kann nur ein soziales Europa sein. Eine gemeinsame Arbeitslosenversicherung entwickelt den Binnenmarkt weiter, indem wirtschaftliche Risiken von Arbeitslosigkeit solidarisch getragen werden, aber vor allem die Chancen von Arbeitnehmerfreizügigkeit gemeinsam genutzt werden!“
Stephan Raab
Beisitzer im JEF-Bundesvorstand

Umfrage: Was sagt ihr zu Maßnahmen gegen Jugendarbeitslosigkeit?

Stefanie Neufeld
Übersetzungskoordinatorin bei treffpunkteuropa.de
„Die Jugendarbeitslosenquote ist trotz der Jugendstrategie noch immer viel zu hoch! Ich fordere, dass sich die Europäische Kommission intensiv damit auseinandersetzt. Dies kann nur gewährleistet werden, wenn eine intensive Zusammenarbeit mit lokalen Beteiligten erfolgt. Bestenfalls wird nicht nur über die Köpfe von jungen Menschen hinweg entschieden, sondern auch ein Dialog mit den Betroffenen angestrebt, um die Probleme vollständig begreifen und sie an der Wurzel anpacken zu können.“

Was sollte man noch darüber wissen?

Louise Guillot hat in ihrem Beitrag die Jugendstrategie kritisch betrachtet. Im Beitrag von Lea-Verena Meingast wird außerdem Jugendarbeitslosigkeit in Europa, im Beitrag von Martin Luckert und Miriam Kaiser ein europäischer Sozialstaat sowie im Beitrag von Dirk Neumann und Mathias Dolls eine europäische Arbeitslosenversicherung betrachtet. Zu den Vor- und Nachteilen einer europäischen Arbeitslosenversicherung empfehlen wir außerdem diesen Blogeintrag von Arbeitsmarktforscher Enzo Weber.

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