Es ist wieder soweit. Dänemark streitet um seine Grenzsicherung, nicht zum ersten Mal. Ausgerechnet die so weltoffenen und fortschrittlichen Dänen machten 2011 die Schotten dicht. Die damalige liberal-konservative Regierung entschied sich für permanente Grenzkontrollen und sorgte damit für Missstimmung. Europa zeigte sich entsetzt: Der britische Telegraph glaubte bereits das “Totengeläut” für die Bewegungsfreiheit in der EU zu hören und Hessens Europaminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) forderte gar, das Land als Urlaubsziel zu boykottieren.
Was genau war passiert? Unter dem Druck der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei (Dansk Folkeparti) verkündete die damalige liberal-konservative Koalition die Einführung ständiger Grenzkontrollen. Das Medieninteresse war enorm und die EU-Kommission schloss eine Klage nicht aus. Permanente Kontrollen, so die Ansicht, könnten einen Verstoß gegen das Schengener Abkommen darstellen. Dem Abkommen, welches den schrittweisen Abbau von Personenkontrollen an den Binnengrenzen der Mitgliedsländer (dem Schengen-Raum) vorsieht, trat Dänemark bereits 1996 bei.
Die Kehrtwende erfolgte noch im selben Jahr. Im Oktober 2011 kündigte die soeben neu ins Amt gewählte Regierungschefin Helle Thorning-Schmidt, die Aufhebung der eingeführten Grenzkontrollen an. Vertreter der EU sowie einzelne Mitgliedstaaten – allen voran Deutschland – begrüßten die Entscheidung der neuen dänischen Regierung. Schnell wurde es danach ruhig um das Thema – bis jetzt.
Bevölkerung für ständige Grenzkontrollen
Am vergangenen Montag veröffentlichte die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt Danmarks Radio (DR) ein Umfrageergebnis demnach sich 61 Prozent der Dänen für permanente Grenzkontrollen einschließlich Schlagbaum und Grenzschutz aussprechen. ”Bevölkerung für ständige Grenzkontrollen” hieß es dementsprechend auf der Webseite des Nachrichtenportals.
Dass 26 Prozent der angegebenen 61 Prozent der Befragten der Forderung nach permanenten Grenzkontrollen lediglich teilweise zustimmten, wurde dabei wohl zugunsten der größeren Aussagekraft nicht hervorgehoben. Dennoch sehen sich bei einem scheinbar so klar geäußerten Volkswillen die Parteien in der Pflicht.
So spricht sich nicht nur die Dänische Volkspartei für verstärkte Grenzkontrollen aus. Auch die derzeit beiden größten Fraktionen im dänischen Parlament, die oppositionellen Liberalen (Venstre) wie auch die regierenden Sozialdemokraten (Socialdemokraterne), sehen generell Bedarf für effektivere Grenzkontrollen.
Während die Liberalen mehr Zoll- und Polizeibeamte einsetzen wollen, setzt die sozialdemokratische Regierung auf Technologie. Mit Hilfe von ”intelligenten Grenzkontrollen”, wie einer automatischen Kennzeichenerfassung, so Justizministerin Mette Frederiksen, könne Grenzkriminalität und Terrorismus effektiv bekämpft werden. Permanente Kontrollen, solle es mit Blick auf das Schengener Abkommen jedoch nicht geben, da sind sich Sozialdemokraten und Liberale einig.
Druck auf Parteien wächst
Ob in dieser Hinsicht das letzte Wort gesprochen ist bleibt abzuwarten. Spätestens Mitte September wird wieder gewählt im Königreich. Die dänische Volkspartei hat bereits angekündigt, dass permanente Grenzkontrollen ganz oben auf ihrer Wunschliste stehen. Sollte es im Herbst zu einem Regierungswechsel und einer Mitte-Rechts Regierung kommen, könnte die derzeit drittstärkste Fraktion permanente Grenzkontrollen abermals zur Bedingung für ihre Unterstützung erklären.
Der Druck auf die großen Parteien, sich gegenüber den populistischen Forderungen zu positionieren, wächst also. Dass die Grenzsicherung zu einem Wahlkampfthema werden wird, ist bereits abzusehen. Derzeit bestimmen die Schlagwörter Sicherheit, Kriminalitätsbekämpfung und Terrorismusabwehr den Diskurs. Nötig wäre es, die Debatte in Richtung der Reise- und Bewegungsfreiheit als hohes europäisches Gut zu lenken, um diese Errungenschaft erfolgreich verteidigen zu können. Doch die aktuellen Umfrageergebnisse lenken die Debatte in eine andere Richtung. Eine neuerliche – europaweite – Diskussion scheint unausweichlich.
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