Brief an Europa: Iran

, von  Nico Amiri

Brief an Europa: Iran
Die Proteste nach den mutmaßlich gefälschten Präsidentschachaftswahlen im Iran 2009 wurden vor allem von Frauen getragen. Das Bild entstand in Oslo. © Kjetil Ree | Wikimedia Commons | CC BY-SA 2.0-Lizenz (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/)

Anlässlich der Proteste im Iran arbeitete treffpunkteuropa.de an einem Themenschwerpunkt. Dieser Brief schließt diesen vorerst ab und richtet sich aus Europa dieses Mal an die Menschen im Iran - mit Dank und Hoffnung.

Mardom-e Iran, liebe Iranerinnen, liebe Iraner,

seit etwa 40 Jahren besetzen Mullahs alle Bereiche des Lebens. Die Politik, die Wirtschaft und selbst den Alltag vieler Menschen bestimmen die Geistlichen mit ihren Sitten und Ritualen.

Nach der Islamischen Revolution 1979 waren es im warmen Sommer des Jahres 2009 die größten landesweiten Proteste gegen das iranische Regime, die die Welt seitdem gesehen hat. Die Hoffnung eines Persischen Frühlings haben viele unter euch damals in mir geweckt.

Nach der blutigen Niederschlagung der berechtigten Demonstrationen sah die Welt zu, wie sich die „Männer Gottes“ mit weltlicher Gewalt an der Macht hielten. Vor allem sah jene zu. Eine Einmischung wäre allemal falsch gewesen, das ist sie in fast allen Fällen. Doch abseits von seltenen Solidaritätsbekundungen reagierte fast keine Regierung der sich der Demokratie sonst so verpflichtenden Staaten der „freien Welt“.

Vor allem gehen heute die Ärmsten des Landes auf die Straße, besonders auch die jungen Menschen ohne jegliche Perspektive. Die iranische Mittelschicht ist den Protesten – anders als 2009 – ferngeblieben. Ohne einander wird der Persische Frühling vorerst nur ein Traum bleiben.

Wir erleben im Iran wieder einmal eine Entwicklung, die sich über die Landesgrenzen hinweg ausweiten könnte. Die ersten Proteste des Arabischen Frühling erinnerten damals doch sehr stark an die Demonstrationen der Grünen Bewegung fast zwei Jahre zuvor. Heute gehen die Menschen nicht nur für Freiheit auf die Straße. Es geht um viel mehr!

Es geht um das große Ganze: die Gleichberechtigung der Frau, der Kampf gegen Ungleichheit und ein System von Korruption und Vetternwirtschaft, die Abschaffung des Militärstaates. Die Ärmsten erheben sich gegen die klerikale Elite des Landes, Frauen ziehen ihr Kopftuch ab und widersetzen sich damit den Regeln der alten Mullahs. Manchmal wirkt eure mutige Auseinandersetzung mit dem Regime der Mullahs wie der Anbeginn eines Klassenkampfes.

In der Hoffnung verbleibend, dass der Iran sich eines Tages wieder frei und demokratisch nennen kann. Omidvaram Iran azad mibashe!

Mit besten Grüßen, Nico

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