„Lieber Diktator sein als schwul.“ Dieser Satz stammt vom Präsidenten der Republik Belarus, Alexander Lukaschenko. Er kommentierte damit die Kritik an den Menschenrechtsverletzungen in seinem Land. Adressiert war das durchaus eindeutige Statement an den damaligen deutschen Außenminister Guido Westerwelle. Seither sind ein paar Jahre ins Land gegangen, Sanktionen wurden noch 2012 verschärft und nun aufgehoben.
Das letzte Land Europas, welches die Todesstrafe vollstreckt
Vor vier Jahren wurden wieder einmal Menschen hingerichtet. In diesem Fall die vermeintlichen Attentäter auf die Minsker U-Bahn im Jahr 2011. Einer der Angeklagten gab damals an, sein Geständnis durch Folter abgelegt zu haben. Auch seither wurden immer wieder Menschen exekutiert. Die EU kritisiert diese Praxis regelmäßig. Auch ansonsten ist die Menschenrechtslage mehr als schwierig. Politische Opposition gibt es faktisch nicht, die wenigen Parteien und deren Kandidaten arbeiten entweder mit dem Regime zusammen oder sind massiver Unterdrückung ausgesetzt. Auch aus der Zivilgesellschaft gibt es nur wenige politische Initiativen, Menschenrechts NGOs werden immer wieder verboten oder sind seit Jahrzehnten dauerhaften Repressionen ausgesetzt. Seit den gefälschten Präsidentschaftswahlen 2010, bei der oppositionelle Präsidentschaftskandidaten bei Protesten am Wahlabend festgenommen wurden, wurden die Sanktionen verschärft. Über 200 Belarussen, vor allem hohe Justizbeamte, Unternehmer sowie Vertreter des Regimes waren von den Sanktionen betroffen. Diese umfassten das Einfrieren von Vermögen sowie das Verbot von Reisen in die Europäische Union.
Was hat sich geändert?
Im vergangenen Jahr nun lud der Präsident immer wieder Vertreter Russlands, der Ukraine und der EU zu Gesprächen nach Minsk, um die Konflikte in der Ostukraine zu lösen. Lukaschenko wurde zum „Vermittler“ im Krieg der Nachbarländer. Dazu kam, dass nach der Wahl im Oktober 2015 es zu keinerlei Festnahmen von Oppositionellen kam. Das lag auch daran, dass es kaum Proteste gegen die Wahl gab. Des Weiteren hatte der 61-Jährige kurz vor der Wahl jene Oppositionspolitiker freigelassen, welche fünf Jahre unter grauenvollen Bedingungen in Haft saßen. All das honorierte die Europäische Union und beschloss, die Sanktionen zuerst einmal für vier Monate aufzuheben. Nun wurden sie komplett aufgehoben. Doch eigentlich hat sich nichts geändert, die Opposition und zivilgesellschaftliche Aktivitäten sind weiterhin dauerhaften Repressionen ausgesetzt und die Todesstrafe wird weiterhin angewendet.
Ein netter diplomatischer Akt
Die Aufhebung der Sanktionen durch die Außenminister der Europäischen Union wird von allen Seiten begrüßt. Von der Wirtschaft, der EU und Belarus. Auch der deutsche Außenminister Steinmeier nennt dies eine „positive Nachricht“. Er hofft darauf, dass es wieder Gespräche geben kann, und möchte wieder politische Stiftungen in Belarus unterstützen. Auch ein Sprecher des belarussischen Außenministeriums sagte, dass sein Land zum Dialog bereit sei und auf Stabilität und Sicherheit in der Region hoffe. Ein netter diplomatischer Akt eben. Doch auch Steinmeier gab zu bedenken, dass sich das Land, dessen Westgrenze gerade einmal 600 Kilometer östlich der deutsch-polnischen Grenze liegt, sich nicht von heute auf Morgen verändern würde. Das ist sehr wahrscheinlich. Es hat immer wieder Versuche seitens der EU gegeben, die belarussische Politik zu beeinflussen. Doch Lukaschenko ließ sich nicht in die Karten schauen und zeigte der der Europäischen Union immer wieder, dass er allein in Belarus das Sagen hat. Sei es bei Demonstrations-, Meinungs- oder Reisefreiheit. Immer wieder wurde westlichen Politikern mit absurden Argumenten eine Einreise verwehrt. Dialog: Fehlanzeige. So sieht es auch Ales Beljazki von der weißrussischen Menschenrechtsorganisation Wjasna: „Zu hoffen, dass sich das Regime von innen heraus verändert, ist nicht realistisch."
Es braucht Reisefreiheit für die Bevölkerung
Was vielmehr helfen würde, wäre eine Erleichterung der Visaprozedur für die 10 Millionen Belarussen. So könnten viele einfacher Verwandte besuchen, im Ausland arbeiten oder studieren. Seit Jahren verspricht Brüssel Erleichterungen bei der Ausstellung von Visa, doch noch immer ist wenig passiert. Belarussen müssen noch immer bei Botschaften betteln, um eine Erlaubnis zu bekommen, in die EU reisen zu können. Die Entscheidungen sind intransparent und von extremer Bürokratie geprägt. Auch fallen immense Kosten an. Bei einem Durchschnittslohn von 350 Euro sind 60 Euro für ein einfaches Visum nicht gerade ein Zuckerschlecken. Dazu kommt eine Anfahrt nach Minsk, wo alle Botschaften ihren Sitz haben. Ein Visum, welches zum mehrfachen Eintritt in die EU berechtigt, ist wie ein Sechser im Lotto.
Also liebe Europäische Union, wenn ihr schon mit dem Regime in einen Dialog treten wollt, dann tut bitte auch etwas für jede Belarussin und jeden Belarussen - öffnet eure Grenzen für sie ein wenig mehr.
Kommentare verfolgen: |