Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen - darin besteht Nummer 16 der globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung, welche die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen bis 2030 erreichen wollen. Eine „deutliche Reduzierung von Gewalt und der damit verbundenen Todesraten“ steht dabei ganz oben auf der Agenda. Dass dieses Ziel mehr als optimistisch ist, zeigt nich nur der Krieg in Syrien: Laut der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte sind im vergangenen Jahr rund 39.000 Menschen dem Krieg zum Opfer gefallen, was den Bürgerkrieg in Syrien zum derzeit blutigsten Krieg weltweit macht. Auch in vielen anderen Staaten der Welt hat sich die Situation verschärft, sei es, weil schon seit Langem bestehende Konflikte wieder aufgeflammt sind und eine neue Dimension angenommen haben, sei es, weil sich die innenpolitische Situation in einem Staat drastisch verändert hat. In vielen dieser Fälle interveniert die internationale Gemeinschaft mangels einer gemeinsamen Position nicht oder nur in sehr beschränktem Maße. In der Folge eskalieren viele Konflikte, bevor es zu einer Schlichtung zwischen den Parteien kommen kann, sofern die Parteien überhaupt Gesprächsbereitschaft zeigen. Während einige der Konflikte, die im Jahr 2018 wichtig sein werden, höchstwahrscheinlich nur innerhalb der direkt betroffenen geographischen Umgebung oder ab einem gewissen Ausmaß an Gewalt Beachtung finden werden, verfügen andere über ein erhebliches Potential einer sicherheitspolitischen Destabilisierung.
Nordkorea: Zurück zur Aufrüstungslogik
Der Konflikt zwischen Nordkorea und den USA hat bereits im Jahr 2017 die Welt in Atem gehalten. Der nordkoreanische Diktator Kim Jong Un vollzog entgegen mehrerer Resolutionen der Vereinten Nationen und scharfen internationalen Sanktionen mehrere Tests von atomaren Sprengköpfen, mit denen Interkontinentalraketen bestückt werden könnten. Wie weit das nordkoreanische Atomprogramm genau fortgeschritten ist, ist nicht bekannt; die permanente Aufrüstung und insbesondere die Drohungen Kim Jong Uns, die „senilen Amerikaner sicher und endgültig mit Feuer bändigen“ zu wollen, sind international Anlass zu Sorge. Zeitgleich stehen auf der anderen Seite des Konflikts die USA als Schutzmacht Südkoreas und Japans. Der Atom-Konflikt zwischen den USA und Nordkorea birgt gerade dadurch ein hohes Eskalationspotential, da sich mit Kim Jong Un und Donald Trump zwei völlig unberechenbare Staatschefs gegenüberstehen, die für eine Lösung des Konflikts auf diplomatischer Ebene bisher kaum Bemühungen gezeigt haben, sondern den Konflikt und die gegenseitige Aufrüstung eher durch gegenseitige Drohgebärden anheizen. Der Konflikt zwischen den beiden Staaten ist in dem Sinne kein „heißer“ Konflikt, da er bisher keine direkten Opfer gefordert hat; sollte er jedoch eskalieren und die Atomwaffen tatsächlich zum Einsatz kommen, wäre sein Vernichtungspotential möglicherweise immens. Ob es im Jahr 2018 zu einer Eskalation kommen kann, wird vor allem an den Bemühungen der internationalen Gemeinschaft liegen. Dass sowohl Russland als auch China, traditionell wichtige Verbündete und Schutzmächte von Nordkorea, keinerlei Interesse an einer Eskalation auf der koreanischen Halbinsel haben, ist eine wichtige Bedingung für eine mögliche internationale Entschärfung des Konflikts. Dennoch wird die Situation zwischen Nordkorea und den USA im Jahr 2018 weltweit wichtig bleiben, da die geopolitischen Folgen einer Eskalation des Konflikts kaum absehbar sind und deshalb Diplomat*innen weltweit in Atem halten dürften.
Saudi-Arabien und Iran: Konfrontation auf unterschiedlichen Schauplätzen
Die Rivalität zwischen sunnitischen Saudi-Arabien und dem schiitischen Iran um die politische und strategische Vorherrschaft in der arabischen Welt ist nicht neu; jedoch ist nicht auszuschließen, dass die Konfrontation zwischen den beiden Staaten sich im Jahr 2018 verschärft. Um sich als starke Staaten in der Region zu profilieren, greifen der Iran und Saudi-Arabien oftmals in Konflikte in den Nachbarstaaten ein und unterstützen staatlich oder nicht-staatliche Akteure, die ihre Interessen vertreten. So unterstützt der Iran etwa seit Jahren die schiitische Miliz Hizbollah, die im Libanon auch in der Regierung vertreten ist und auch in Syrien gegen sunnitische und wiederum von Saudi-Arabien unterstützte Gruppen kämpfte. Insbesondere im Jemen spitzt sich die Situation zwischen den Regionalmächten zu. Hier bekämpfen die schiitischen Huthi-Rebellen mit Unterstützung des Iran die international anerkannte Regierung des jemenitischen Präsidenten Hadi, der seinerseits von Saudi-Arabien unterstützt wird. In der jüngsten Vergangenheit sind die Huthi-Rebellen deutlich offensiver geworden, im Dezember schossen sie mehrere Raketen auf die saudiarabische Hauptstadt Riad. Folglich intensiviert Saudi-Arabien seine Bombardements gegen die Huthi-Rebellen. Dieser regelrechte Stellvertreterkrieg zwischen Saudi-Arabien und dem Iran trifft vor allem die Zivilbevölkerung: Seit Beginn des Konflikts im März 2015 sind über 8.600 Menschen getötet worden, viele von ihnen durch Luftschläge Saudi-Arabiens. Die humanitäre Situation im Land ist prekär, der UN-Menschenrechtsrat prangert „unaufhörliche Verletzungen des humanitären Völkerrechts“ an. Inwiefern die internationale Gemeinschaft in der Konfrontation zwischen dem Iran und Saudi-Arabien im Jemen oder auch Syrien effektiv intervenieren kann, ist fraglich: Russland stützt traditionell den Iran, Saudi-Arabien könnte sich eher auf die USA stützen. Eine gemeinsame Linie des UN-Sicherheitsrats ist daher sehr unwahrscheinlich, sodass sich die Konflikte mit Beteiligung des Iran und Saudi-Arabiens tendenziell im Jahr 2018 verschärfen werden.
Israel und Palästina: Jemals eine Zwei-Staaten-Lösung?
Der Nahost-Konflikt beschäftigt Außenminister*innen und Diplomat*innen seit mehr als 50 Jahren - und dennoch scheint eine erneuet Eskalation heute wahrscheinlicher als eine Lösung zur Zufriedenheit aller Beteiligten. Die Kernfrage besteht in der Aufteilung des Territoriums zwischen dem Mittelmeer und dem Jordan, wo gleichzeitig Israel und Palästina einen Staat beanspruchen. Seit dem Sechstagekrieg im Jahr 1967 erstreckt sich Israels Souveränität über 78% dieses Gebiets, die restlichen 22% kontrolliert es als Besatzungsmacht und betreibt dort eine international umstrittene Siedlungspolitik, gegen welche palästinensische Gruppen auch gewaltsam vorgehen. Besondere Streitpunkte, die eine Zwei-Staaten-Lösung bis heute scheitern ließen, sind der genaue Grenzverlauf zwischen Israel und Palästina, der Status Jerusalems und das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge aus den Nachbarstaaten. Eine Zwei-Staaten-Lösung auf friedlichem Weg ist Ende des Jahres 2017 in weite Ferne gerückt, als US-Präsident Donald Trump ankündigte, die US-Botschaft nach Jerusalem verlegen zu wollen und ganz Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen zu wollen. Daraufhin reagierten einige islamische Staaten und erkannten im Umkehrschluss Ostjerusalem als Hauptstadt Palästinas an. Zwar hat eine Anerkennung keine völkerrechtlichen Konsequenzen, aber ihr symbolischer Wert gerade in einem so komplizierten Konflikt ist sehr hoch. Die Entscheidung von Donald Trump hat damit nicht nur Proteste und Gewaltaktionen seitens der Palästinenser*innen hervorgerufen, sondern auch Nachahmung durch Staaten wie Guatemala oder Gegenreaktionen. Dass Staaten nun vor allem mit der Verlegung von Botschaften nach Jerusalem oder der Anerkennung Ostjerusalems eine weitere Polarisierung des Konflikts vorantreiben, gibt dem Konflikt erneut Spannung. Derzeit erscheint eine Eskalation eher unwahrscheinlich, da die internationale Gemeinschaft um die Fragilität der Situation weiß und daher versucht, deeskalierend zu arbeiten - ob dies allerdings gelingt, dürfte im Wesentlichen davon abhängen, ob Israel und Palästina an einer langfristigen Lösung interessiert sind. Außer Frage steht jedoch, dass eine langfristige Lösung des Konflikts auch im Jahr 2018 auf der weltpolitischen Agenda stehen und an Relevanz gewinnen wird.
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