Automatisierte Zensur im digitalen Raum

, von  Arnold Schiller und Tobias Weiskopf

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Automatisierte Zensur im digitalen Raum

Am 23. März, kurz vor der geplanten Abstimmung zur Urheberrechtsreform der EU, sollen in ganz Europa Demonstrationen gegen Uploadfilter stattfinden. Worum es in dem viel kritisierten Artikel 13 geht, warum sie denken, dass dieser das freie Internet bedroht, und was überhaupt ein Uploadfilter ist, erklären im heutigen Gastbeitrag die Organisatoren der Münchner #SaveYourInternet Demo.

"Fehleranfällige Filter-Algorithmen und Abgaben auf Links drohen unser Internet und unser Recht auf digitale Meinungsfreiheit zu zerstören“, sagt Jurist und Piraten-Datenschutzexperte Dr. Patrick Breyer. Doch genau das steht mit der geplanten Reform des EU-Urheberrechts bevor. Der freie Austausch von Meinungen und Kultur über das Internet würde massiv eingeschränkt. Um dies zu verhindern, rufen die Petitionsplattform change.org und die Bürgerbewegung savetheinternet.info zu europaweiten Protesten am 23. März 2019 auf.

Artikel 13 wird zu Uploadfildern führen

Nach der Gesetzesänderung, über die das Europaparlament Ende März abstimmen wird, sollen Online-Plattformen, wie zum Beispiel YouTube, unmittelbar dafür haftbar gemacht werden, wenn Nutzer Inhalte mit Urheberrechtsverletzung hochladen. Die Haftbarkeit würde dann schon mit dem Upload beginnen, nicht erst nachdem die Plattform von den Rechteinhabern auf den Verstoß hingewiesen wurden.

Eine somit geforderte präventive Erkennung von mutmaßlichen Urheberrechtsverletzungen nach Artikel 13 der Urheberrechtsreform wird deshalb zwangsweise zu automatisierten Uploadfiltern führen, auch wenn das Wort im Gesetzestext nicht ausdrücklich erwähnt wird. Es besteht die Gefahr, dass dadurch auch freie, legale Meinungsäußerungen und kreative Werke blockiert werden, da automatische Systeme legitime Werke nicht immer treffsicher von Urheberrechtsverletzungen unterscheiden können. Zudem sind die vorgesehenen Schutzmaßnahmen nicht ausreichend, um dies zu verhindern. „Wir wollen kein Filternet und keine Maschinenzensur“, fordert Breyer.

Kleinere Plattformen können die Anforderungen nicht erfüllen

Kleinere Plattformen werden durch die Urheberrechtsreform in ihrer Existenz bedroht, da viele von ihnen unter die Artikel 11 und 13 fallen, oder zumindest fürchten müssen, darunter fallen zu können. Das ist selbst dann der Fall, wenn Urheberrechtsverletzungen dort heute kein ernsthaftes Problem darstellen, und die Plattform nicht über die Ressourcen verfügt, die neu auferlegten Pflichten zu erfüllen.

Kritiker der Urheberrechtsreform unterstützen die Rechte aller Kreativen und setzen sich für ein modernes Urheberrecht sowie die demokratische Regulierung marktbeherrschender Internetkonzerne ein. Die Reform bringt jedoch nach ihrer Einschätzung in der vorliegenden Fassung deutlich mehr Schaden als Nutzen für die Menschen in Europa.

Demonstrationen am 23. März

  • Berlin: 14:00 Potsdamer Platz
  • Hamburg: 13:00 Gänsemarkt
  • München: 13:30 Marienplatz
  • Köln: 14:00 Neumarkt
  • Frankfurt: 14:00 Paulsplatz
  • Stuttgart: 14:00 Rotebühlplat
  • Düsseldorf: 13:00 Friedrich-Ebert-Straße 34
  • Wien: 15:30 Christian Broda Platz
  • Weitere Termine

Uploadfilter kämen einer automatisierten Zensur gleich

Mit den europaweiten Protesten appellieren die parteiübergreifenden Bündnisse an die Mitglieder des Europäischen Parlaments, den Artikeln 11 und 13 nicht zuzustimmen. Ebenso fordern sie die Bundesregierung auf, sich an ihren Koalitionsvertrag zu halten, der den Einsatz von Uploadfiltern explizit als unverhältnismäßig ablehnt.

Auch Jimmy Schulz, Vorsitzender des Bundestagsausschusses Digitale Agenda, blickt der geplanten Urheberrechtsreform mit großer Sorge entgegen: „Ich teile die Befürchtung vieler Bürgerinnen und Bürger, dass diese Uploadfilter einer automatisierten Zensur im digitalen Raum gleich kämen.“ Weiter warnt der FDP-Abgeordnete: „Sie gefährden unsere Meinungsfreiheit und damit unsere Demokratie.“

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