Verteidigungsausgaben im Fokus - Europas Antwort auf geopolitische Herausforderungen
Die Neuausrichtung der US-Außenpolitik durch die Trump-Administration hat die europäischen Staats- und Regierungschefs dazu gezwungen, ihre Verteidigungsstrategie zu überdenken und damit eine massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben anzustreben. Unter dem Namen „ReArm Europe“ soll mit einem Budget von bis zu 800 Milliarden Euro die europäische Verteidigungsfähigkeit gestärkt und strategische Abhängigkeiten abgebaut werden. Die 150 Milliarden Euro aus EU-Mitteln stellen einen großen Teil des Budgets für die Kohäsionspolitik dar, was Kritiker*innen befürchten lässt, dass nun weniger Mittel für Klimaschutzmaßnahmen zur Verfügung stehen werden. Gleichzeitig werden große Rüstungsexporteure wie Rheinmetall und Thales am meisten von den Geldern profitieren. Um zur Friedenssicherung beizutragen, ist es unbestritten, dass auch Europa massiv in klimapolitische Maßnahmen investieren muss. Doch kann es überhaupt so etwas wie einen Synergieeffekt zwischen militärischer Verteidigung und Umweltschutz geben?

Verteidigungspolitik und Umweltschutz: Ein unvereinbares Paar?
Bei der Betrachtung der EU-Politikbereiche wird deutlich, dass Umweltpolitik und Außen- und Sicherheitspolitik zwar in den Zuständigkeitsbereich der EU fallen, es sich jedoch um separate Politikbereiche mit unterschiedlichen Prioritäten handelt. Die umweltpolitischen Maßnahmen der EU sind in erster Linie auf den Schutz der Umwelt und der biologischen Vielfalt ausgerichtet. Im Gegensatz dazu befasst sich die Sicherheitspolitik, insbesondere die Verteidigungspolitik, primär mit der nationalen Sicherheit und militärischen Strategien. Doch seitdem der Klimawandel und neue geopolitische Spannungen weltweit spürbar sind, dürfte klar sein, dass die beiden Bereiche nicht mehr getrennt betrachtet werden können.
Von Krieg ruiniertes Gebiet
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Dass die zunehmende globale Erwärmung als ein Katalysator für die Verschärfung von Konflikten fungiert, ist mittlerweile ein bekanntes Phänomen. Die Außenpolitische Strategie 2024-2027 bestätigt, dass steigende Temperaturen, Dürren und Überschwemmungen die Lebensgrundlagen und die Ernährungssicherheit von Gesellschaften sowie den Wettbewerb um lebenswichtige Ressourcen in bereits fragilen Kontexten verschärfen können. Die sich verändernden klimatischen Bedingungen führen ebenfalls dazu, dass Streitkräfte in die Rolle des Opfers und zugleich des Täters geraten. Militärische Kriegshandlungen wie der Einsatz von Nutzfahrzeugen, die Energiegewinnung für Waffenproduktionen oder die Zerstörung der zivilen Infrastruktur verursachen einen immensen Anstieg der CO2-Emissionen.
Gleichzeitig fällt die militärische Infrastruktur selbst den extremen Wetterbedingungen zum Opfer. Luftwaffenstützpunkte werden durch Wirbelstürme beschädigt, Marinestützpunkte sind durch den Anstieg des Meeresspiegels bedroht und Triebwerksblöcke können wegen Überhitzung nicht mehr mit Treibstoff versorgt werden. Diese Beispiele verdeutlichen, dass nur nachhaltige Verteidigungspraktiken langfristig zu mehr globaler Sicherheit beitragen können. Damit stellt sich die Frage auf, inwieweit die EU Maßnahmen zur Minderung der Umweltauswirkungen militärischer Aktivitäten in ihre Verteidigungspolitik integriert.
Die Rolle des Klimas in den Verteidigungsplänen der EU
Derzeit sind keine spezifischen, detaillierten Pläne veröffentlicht worden, die sich explizit mit der Abfederung der Umweltkosten im Rahmen des „ReArm Europe-Projekts“ befassen. Es ist fraglich, ob letzteres noch folgen wird, obwohl klar ist, dass mehr Klimaschutzmaßnahmen mit größeren Verteidigungsaktivitäten umgesetzt werden müssten.
Den Zusammenhang zwischen Klimawandel und internationaler Sicherheit hat die EU erstmals im Jahr 2008 adressiert. Konzepte wie der Klima- und Verteidigungsfahrplan 2020 und der Strategische Kompass dienen als Leitfaden für die Integration der Auswirkungen der Klimapolitik in das Denken und Handeln der EU in Bereichen wie Verteidigungsforschung und -entwicklung, Industrie und Technologie, Infrastruktur sowie der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP). Um dies zu erreichen, verpflichtet sich die EU in einer gemeinsamen Mitteilung der Europäischen Kommission (2023) zum Zusammenhang zwischen Klima und Sicherheit unter anderem zu folgenden Zielen:
Unterstützung für nationale Strategien
- Hilfeleistung bei der Umsetzung nationaler Strategien durch die Mitgliedstaaten zur Vorbereitung ihrer Streitkräfte auf den Klimawandel, insbesondere durch Intensivierung der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit.
- Entwicklung von Profilen für Umweltberater*innen bis 2025, die in allen Missionen und Operationen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) eingesetzt werden.
Nachhaltige Energie und Ressourcen
- Unterstützung bei der Entwicklung von Standards für nachhaltige Kraftstoffe.
- Verringerung der Kosten und der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen.
Anpassung der militärischen Ausrüstung und Ausbildung
- Verbesserte militärische Ausrüstung, die sich an schwierige klimatische Bedingungen anpasst, und der Einsatz klimaresistenter Technologien zum Schutz der militärischen Infrastruktur.
- Angepasste Ausbildung des militärischen Personals, um auch zivile Behörden bei Naturkatastrophen häufiger unterstützen zu können.
Qualifikationsentwicklung und Forschung
- Erwägung der Einrichtung eines speziellen EU-geführten Kompetenzzentrums für Klimawandel, Sicherheit und Verteidigung.
Europas Spagat zwischen Verteidigung und Klima
Die EU befindet sich auf einer Gratwanderung zwischen Investitionen in den Verteidigungssektor und Umweltschutzmaßnahmen. Es liegt auf der Hand, dass es keinen klimafreundlichen Krieg geben kann, aber wir müssen einen holistischen Ansatz wählen, wenn es um die Schaffung von Frieden geht. Die kommende Erhöhung der Verteidigungsausgaben führt direkt zu steigenden militärischen Emissionen und treibt die Klimakrise voran. Europa muss in Zukunft Lösungen finden, um sich angesichts eines wachsenden Verteidigungssektors an den Klimawandel anzupassen. Denn unsere Erde ist der einzige Planet, den wir zum Leben haben.
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