„Wir sehen Europas Werte in Gefahr. Deshalb wollen wir dem Botschafter Ungarns am 24. März ein gemeinsames Memorandum der Europa-Union Deutschland, der Jungen Europäischen Föderalisten und von Mehr Demokratie überreichen. Wir appellieren an Ungarn, Mitglied der europäischen Wertegemeinschaft zu bleiben!“ So hieß es in dem Demonstrationsaufruf und zwischen 100 und 150 Menschen zogen vergangenen Samstag durch das Brandenburger Tor zur ungarischen Botschaft.
Das Fundament der Demonstration bildeten die Delegierten des gemeinsamen Bundesauschusses von Europa-Union und JEF. Lars Becker, Bundesvorsitzender der JEF Deutschland, fasste die Gründe für die Demonstration vor Beginn noch einmal zusammen. Als Beispiele nannte er die Mediengesetze, die Präambel der neuen Verfassung, die vielen Kardinalgesetze und die Justizreform. Er machte auch deutlich, dass die Kritik der JEF an der Politik der ungarischen Regierung weitreichender sei, als das gemeinsame Memorandum es widerspiegeln würde. Dennoch sei die JEF sehr froh, zusammen mit der Europa-Union Deutschland demonstrieren zu gehen.
Im Anschluss an die Rede meldete sich ein älterer Herr zu Wort: „Ich war das letzte Mal in den 1950ern demonstrieren, damals für offene Grenzen in Europa“. Jetzt sei es aber an der Zeit, wieder auf die Straße zu gehen, fuhr er fort.
Die Demonstration: Klein, aber lautstark
Die Zeit der Worte war vorbei und die Gruppe zog los. „Eins, zwei, drei, vier – für Ungarn sind wir hier“, schallte es über den Pariser Platz. Die Touristen vergaßen für einen Moment das Brandenburger Tor und photographierten wie wild den bunten Demonstrationszug. „Ungarn, wir machen uns Sorgen“, „Nationalismus? Nein Danke“ oder auch „Hungary, we care about you“ stand auf den Schildern. Dazu immer wieder Sprechchöre: „Europe and Hungary – United in Democracy!“.
Vor der ungarischen Botschaft blieben die Demonstranten stehen. Rainer Wieland, Präsident der Europa-Union, und Lars Becker verlasen unter lautem Jubel das Memorandum und brachten es anschließend an der Botschaft an. Eine Trommlergruppe unterstütze den Protest und demonstrierte damit auch gegen den fragwürdigen Frequenzentzug des ungarischen Radiosenders Klubrádió.
Ungarn muss Teil der europäischen Wertegemeinschaft bleiben! / Hungary needs to stay within the European community of values! from JEF Deutschland on Vimeo.
Protest gegen den Protest
Bereits im Vorfeld der Demonstration wurden Mitglieder der EUD und JEF aufgrund der Demonstration kritisiert. Meistens geschah dies respektvoll und mit guten Argumenten, teilweise wurden die Verantwortlichen auch beleidigt.
Diese Art mit der Demonstration umzugehen, gewann nach der Veranstaltung leider die Oberhand. Zwar gab es auch positive Kommentare, mehrmals wurden die JEFer allerdings daran erinnert, dass Deutschland für zwei Weltkriege verantwortlich sei und man daher jetzt ja wohl nicht andere Länder die „Demokratie lehren“ könne. Auf Facebook wiesen einige Nutzer auch auf die tausendjährige Geschichte des Landes hin, die viel länger zurückreiche, als die deutsche. Der Nutzer Tudor I. bezeichnete die JEFer gar als „FaSSists“,die nur demonstrieren gehen würden, weil in Ungarn Juden leben.
Für mich belegt diese wirre Kritik, dass die Demonstration angebracht und notwendig war. Wenn eine friedfertige, positive Demonstration solch nationalistische Reflexe auslösen kann, dann läuft etwas ganz gewaltig schief in Ungarn. Die Jungen Europäischen Föderalisten bekämpfen Nationalismus seit 1949 und es sieht so aus, als müssten wir noch eine ganze Weile weiterkämpfen.
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