Mit Netzwerken und neuen Ansätzen gegen Konjunktur- und Klimakrise?

Rückblick auf das Europäische Jahr 2009 der Kreativität und Innovation

, von  Miriam Schriefers

Mit Netzwerken und neuen Ansätzen gegen Konjunktur- und Klimakrise?

Das zu Ende gehende Jahr stand EU-weit unter dem Motto „Kreativität und Innovation“. Damit sollte die Zukunftsfähigkeit Europas verdeutlich und verstärkt werden – in Zeiten der globalen Wirtschaftskrise ein guter Ansatz. Doch ob in diesem Jahr wirklich die Weichen für eine nachhaltige Wirkung verstärkter Innovationsbemühungen gestellt wurden, wird sich vermutlich erst langfristig zeigen.

Innovation als Schlüsselelement für Wachstum und Beschäftigung

Innovation wird von den EU-Staats- und Regierungschefs als das Schlüsselelement für eine Wachstums- und Beschäftigungsstrategie angesehen. Dies scheint auch dringend notwendig, schließlich haben Studien ergeben, dass die europäischen Investitionen in Forschung und Entwicklung immer weiter hinter die USA zurückfallen. Und dies entspricht nun gar nicht der im Jahr 2000 verabschiedeten Lissabon-Strategie der EU, bis 2010 der wettbewerbsfähigste wissensbasierte Wirtschaftsraum der Welt zu werden.

Lebenslanges Lernen Voraussetzung

Am 16. Dezember 2008 beschlossen das Europäische Parlament und der Rat daher in einer gemeinsamen Erklärung, dass Europa seine Kreativität und Innovation aus sozialen und wirtschaftlichen Gründen steigern müsse, um wirksam auf die Entwicklungen und Herausforderungen der Wissensgesellschaft reagieren zu können. Dafür sei eine auf lebenslangem Lernen basierende Vorgehensweise – und damit verbunden die Entwicklung von Schlüsselkompetenzen – erforderlich. Diese vielzitierten, jedoch selten spezifizierten Schlüsselkompetenzen betreffen aus Sicht des Parlaments und des Rates insbesondere ‚mathematische und grundlegende naturwissenschaftlich-technische Kompetenz’, ‚Lernkompetenz‘, ‚Computerkompetenz‘, ‚Eigeninitiative und unternehmerische Kompetenz‘, ‚Kulturbewusstsein und kulturelle Ausdrucksfähigkeit‘ sowie ‚soziale und Bürgerkompetenz‘.

Eröffnung in Prag, Abschluss in Stockholm

Eröffnet wurde das Jahr im Januar 2009 in Prag, die offizielle Bilanz wurde am 16. und 17. Dezember 2009 in Stockholm gezogen. Für das diesjährige Motto wurden 27 Persönlichkeiten aus unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen als spezielle Botschafter, sogenannte nationale Koordinatoren, nominiert. Hauptaufgabe dieser Botschafter, die durch Esko Tapani Aho, dem stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden von Nokia und ehemaligen Premierminister Finnlands angeführt wurden, war es, relevante Bereiche wie Bildung und Erziehung sowie Forschung und Entwicklung in den Fokus des öffentlichen Interesses zur rücken.

Bildung von Netzwerken

Im Bildungsbereich war ein Schwerpunkt der Kommission die Förderung der Zusammenarbeit von Bildungseinrichtungen und der Wirtschaft. Nach Auffassung des Kommissars für Bildung, Jan Figel, ließen die europäischen Universitäten einen Großteil ihres Potentials, insbesondere hinsichtlich der Netzwerkbildung mit der Wirtschaft, ungenutzt. Darüber hinaus strebte die Kommission eine weitere erhöhte Mobilität der Studierenden durch die Ausweitung des Erasmus-Programms an, effizientere Verfahren in Bildung und Ausbildung sowie eine Modernisierung der europäischen Hochschulen.

In Hinblick auf die schulische Ausbildung in Europa sollten während dieses Jahrs Impulse entwickelt werden, um die Zahl der Schulabbrecher in Europa mittels erhöhter Schülermobilität und kreativerer Lehrmethoden zu senken. So hat sich die Kommission zum Ziel gesetzt, ab 2020 jungen Menschen in ganz Europa die Möglichkeit zu geben, einen Teil ihrer Ausbildung in einem anderen EU-Mitgliedsstaat zu verbringen. Bereits 2010 wird das Pilotprojekt „Comenius Individual Pupil Mobility“ in 13 europäischen Ländern eingeführt, mit dem Schüler weiterführender Schulen bis zu zehn Monate bei einer Gastfamilie in einem anderen Mitgliedsland leben und dort die Schule besuchen können. Dadurch sollen die Schüler Netwerke bilden und ihre kulturelle Anpassungsfähigkeit, Kreativität und Team- und Problemlösungsfähigkeit entwickeln.

Förderung der Kreativbranche

Zudem soll – momentan von der Unternehmens- und Industriedirektion vorbereitet – bis Frühjahr 2010 ein Europäisches Innovationsgesetz veröffentlicht werden, das sich mit Technologietransfer, Finanzierungsmöglichkeiten und der Unterstützung neuer Unternehmen – auch über die High-Tech-Branche hinaus – beschäftigt. Letztlich geht es auch hier wieder um die Bildung von überregionalen Netzwerken, Partnerschaften und Unterstützungsdiensten für Unternehmen der innovativen und kreativen Dienstleistungen, insbesondere im Designbereich. Die Förderung des Potenzials der kleinen und mittleren Unternehmen – auch im Kultur- und Kreativbereich – sei laut Kommission notwendig, da diese eine treibende Kraft für Wachstum, Beschäftigung und Innovation darstellten.

Grüne Innovationen

Der dritte Förderschwerpunkt – neben der Bildung und der Kreativbranche – lag in 2009 auf grünen Innovationen. In umweltfreundliche Innovationen wird die Hoffnung gesetzt, dass sie sowohl die Probleme des Klimawandels als auch der Finanzkrise lösen könnten, insbesondere durch eine stärkere Verbindung zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor in Europa. Dafür würden dem Brüsseler think tank Bruegel zufolge staatliche Eingriffe benötigt, da die geringe Anzahl grüner Patente und die geringen Investitionen in Forschung und Entwicklung im Bereich der Stromerzeugung Zeichen für den niedrigen Stellenwert grüner Innovationen im privaten Sektor Europas seien. Die europäischen Regierungen sollten den technologischen Wandel dadurch „lenken“, dass verschmutzende Herstellung weniger rentabel werde und die Forschung und Entwicklung „sauberer Technologien“ stärkere öffentliche Unterstützung finde. Bis April 2010 will die Europäische Patentorganisation (EPO) entsprechend erste Ergebnisse eines Großprojekts bezüglich neuer Patente für umweltschonende Technologien veröffentlichen.

Erste EU-Kommissarin für Forschung und Innovation ab 2010

Und nicht zuletzt: ganz im Zeichen des Mottos von 2009 wird mit der Irin Máire Geoghegan Quinn die erste EU-Kommissarin für Forschung und Innovation im Januar 2010 ihr Amt antreten. Ein wirksamer Ansatz, um der Wettbewerbsfähigkeit der EU in einer weiteren Dekade auf die Sprünge zu helfen? Zur Erinnerung: das Ziel der Lissabon-Strategie von 2000 lautete, „ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen, einem größeren sozialen Zusammenhalt und eine nachhaltigere Umwelt zu erzielen“... Es bleibt wohl noch einiges zu tun.

Die sogenannten Europäischen Jahre gibt es seit 1983, die Themen werden jeweils von der Europäischen Kommission ausgerufen. Gemeinsam mit den beiden für das jeweilige Jahr zuständigen Ratspräsidenten – in 2009 Tschechien und Schweden – organisiert die Kommission EU-weit themenbezogene Kampagnen, Veranstaltungen und Initiativen. Die Finanzmittel dafür kommen aus bereits bestehenden Programmen.

2008 war das Europäische Jahr des Interkulturellen Dialogs, 2010 wird das Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung sein. In Deutschland wird dies unter der Federführung des Ministeriums für Arbeit und Soziales organisiert, Ziel ist es, die Öffentlichkeit und die Politik für mehr gesellschaftliches Engagement zu gewinnen. Die deutsche Auftaktveranstaltung zum Europäischen Jahr 2010 wird am 25. Februar 2010 in Berlin stattfinden.

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