Küssen will gelernt sein!

Wie man in Frankreich richtig die „Bise“ gibt.

, von  Thomas Wittmann

Küssen will gelernt sein!
Jetzt bloß nichts falsch machen! Photo von Ajor933, bestimmte Rechte vorbehalten

Schmatz, schmatz! Küsschen links und Küsschen rechts – so machen es die Franzosen zur Begrüßung. Die „Bises“, zu deutsch Küsschen, sind in Deutschland eher unbekannt, mal abgesehen von der Münchner Bussi-Bussi-Schickeria, und ist wohl so typisch Französisch wie das Baguette oder die Baskenmütze. Dass man dabei als Deutscher von einem Fettnäpfchen ins nächste tritt, ist so sicher wie das Croissant zum Frühstück. Fängt man rechts oder links an, gibt man zwei, drei, oder vier, und zu guter Letzt: nur den Frauen oder auch den Männern? Wenigstens hat man als Nichtfranzose immer eine gute Ausrede parat: „Désolé, je suis allemand! – Sorry, ich bin halt Deutscher!“

Schon das Schulbuch im Französischunterricht klärt bezüglich des Kusses, der eigentlich keiner ist, auf. Es wird nämlich gar nicht geküsst, sondern nur das Schmatzgeräusch erzeugt, die beiden Wangen aneinander gedrückt und warme Luft sachte vorbeigehaucht. Direkt an die Wange zu schmattern, das machen nur die Deutschen, die es nicht können! Spätestens wenn Französin oder Franzose das Taschentuch auspackt um sich trocken zu tupfen, hat man etwas falsch gemacht.

Und nun geht es ans Eingemachte: Wo fängt man an, wie oft, wen überhaupt und besonders, wen nicht: Die Art und Weise wie man „Bises“ gibt, unterscheidet sich nämlich von Region zu Region zum Teil sogar gravierend – da kann man als Deutscher nun überhaupt nicht mehr durchblicken. Die Strategie ist dann, einfach die anderen zu beobachten und nicht gerade der Erste mit den „Bises“ zu sein. Tendenziell fängt man im Süden mit der linken und im Norden mit der rechten Wange an, aber so pauschal kann man das natürlich nicht sagen. Dann gibt es Regionen, beispielsweise um Marseille herum, wo man zwei „Bises“ gibt und von links anfängt, in der Bretagne, wo man drei gibt und von rechts anfängt und in Paris, wo man wiederum zwei gibt und von rechts anfängt. Darüber hinaus soll es noch vier geben und die Anfangsseiten kunterbunt gemischt. Tatsächlich blicken in dem Kusswirrwarr nicht einmal mehr die Franzosen selber durch. Am besten fragte man einfach vorher „Vous faites combien? - Wie viele gebt ihr denn so?“, um nichts falsch zu machen. Ach ja, der Mann fängt an und sollte einmal die Frau anfangen, den Kopf in eine Richtung schief zu halten, hat man den entscheidenden Moment verpasst!

Beim Thema Männer bleiben wir doch gleich und reiben uns ungläubig die Augen. Im Süden immer, im Norden fast nie, schmatzen sich auch die Männer gegenseitig ab. Läuft man durch eine südfranzösische Stadt und sieht wie sich zwei französische Männer die „Bise“ geben, wundert man sich beim ersten Mal noch, beim zweiten Mal, merkt man, da ist etwas faul, und beim dritten Mal, dämmert einem, dass es wohl so Gang und Gäbe ist. Dabei gibt es dennoch Unterschiede: Denn nicht jeder wird geküsst, sondern nur gute Freunde und nahe Verwandte. Sollte also ein Franzose vom Handschlag zur „Bise“ übergehen, hegt er höchstwahrscheinlich keine geheimen Gefühle, sondern dies ist regelrecht als Adelung zu verstehen! Man hat es geschafft und wird als ebenbürtiger Kumpane und nicht mehr als seltsamer Ausländer angesehen.

Frauen begrüßt man in Frankreich zumindest im privaten Bereich sowieso immer und ohne Ausnahme mit der „Bise“. Das gilt für Männer die Frauen begrüßen und Frauen untereinander und das ganze auch zum Abschied! Versucht man einer Frau, wie in Deutschland gewohnt, die Hand zu geben, wird man sehr ungläubig angeschaut, bis jemand erklärt „Il est allemand. – Er ist Deutscher.“ Das ist ein richtiger Fauxpas wie er im Buche steht, denn die Frau wird euch für immer und ewig für nicht ganz koscher halten. Vor allem unter den Jüngeren wird sich in Deutschland immer umarmt, in Frankreich aber niemals. So viel Körperkontakt ist dann doch zu viel des Guten!

Und übrigens: Unterhält man sich auf Französisch, „küsst“ man nicht, sondern, man gibt die „Bise“ – „On donne la bise“. Denn „küssen“ heißt dann nicht etwa „baiser“, wie man es im Französischunterricht gelernt hat. Und damit kommt auch schon der nächste Fauxpas, der zu peinlich berührten Gesichtern führt! Ganz besonders, wenn man sich als Ausländer erkundigt, wie man nach den Regeln der Kunst zur Begrüßung küsst: „Comment je baise correctement?“ Denn das bedeutet sinngemäß übersetzt, wie man korrekten Geschlechtsverkehr hat. Sich küssen heißt nämlich „embrasser“, was wortwörtlich übersetzt „umarmen“ bedeutet. Alles klar vor der Fahrt nach Frankreich? Als kleiner Trost: Ihr wäret nicht die ersten Deutschen, die sich so schon einmal blamiert haben!

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