Europa City: Was wenn Europa sich eine neue Hauptstadt wählte? (3/3)

, von  Maël Donoso, Übersetzt von Luise Papcke

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Europa City: Was wenn Europa sich eine neue Hauptstadt wählte? (3/3)

Was also wären die Merkmale Europa Citys, Hauptstadt des föderalen Europas? Wie macht man aus ihr sowohl ein Symbol der europäischen Zivilisation als auch effizientes Mittel, Europa zu vereinigen und zu verwalten?

Nach den Überlegungen zur geographischen Lage dieser neuen Hauptstadt im zweiten Teil dieses Artikels können wir uns nun über ihre näheren Eigenschaften Gedanken machen. Europa City, wenn sie jemals erbaut wird, würde Schaufenster Europas sowie Sitz der europäischen Regierung. Ihre Architektur sowie städteplanerische Konzeption müssten diesen beiden Rollen gerecht werden und zugleich aus Europa City eine dynamische und lebhafte Stadt machen, die sich entwickeln und verändern kann.

Welcher Architekturstil ?

Öffnen wir ein Fenster in Europa City und schauen uns das Panorama an. Wie würde die Stadtlandschaft in der europäischen Hauptstadt aussehen? Ohne Zweifel, ein paar Wolkenkratzer gäben grandeur, denn Höhe beschäftigt immer die Geister. Das heißt allerdings nicht, dass man dem Beispiel New Yorks folgen muss oder dem der Handelsbezirke Shanghais. Eine gute Lösung wäre vielleicht eine Mischung zwischen Wolkenkratzern und kleineren Gebäuden, vereint in denselben Vierteln wie zu sehen am Potsdamer Platz in Berlin.

Ist es möglich das Modell einzelner Öko-Viertel auf eine ganze Stadt anzuwenden, die zugleich wichtiges Verwaltungs- und unternehmerisches Zentrum ist? Es wäre vielleicht die Mühe wert, es zu versuchen. Energiesparende Gebäude, gut ausgestattete und effiziente öffentliche Verkehrsmittel, optimierte Straßenplanung und Grünanlagen wären gute Grundelemente, um eine Öko-Stadt zu erbauen. Die ökologischste Hauptstadt der Welt zu haben, würde Europa eine Leitrolle in Sachen nachhaltiger Entwicklung zusichern.

Es wäre undenkbar, eine große Hauptstadt zu gründen, ohne die Gelegenheit zu nutzen, sie mit der modernsten Infrastruktur und der kühnsten Architektur auszustatten. Verschiedene Viertel müssen nicht uniform sein und verschiedene Baustile könnten durchaus koexistieren. Um die besten Spezialisten zu rekrutieren, könnten die Projekte weltweit ausgeschrieben werden, und diesen sollte eine große Schöpfungsfreiheit gewährt werden, damit sie aus Europa City ein Mekka der Architektur machen.

Welche Städteplanung?

Pierre L’Enfant hatte für Washington D.C. eine rechtwinklige Struktur vorgesehen mit schrägen Achsen, die das übliche Raster der Viertel durchschneiden sollten. Für Europa City sollte eine ebenso besondere Struktur gefunden werden, die sich von bisherigen Entwürfen unterscheidet. Vielleicht wäre eine Kreisform als Grundstruktur von Interesse, die an das Kreismotiv auf der europäischen Flagge erinnert. Man könnte sich beispielsweise vorstellen, die Regierungs- und parlamentarischen Viertel in einer Kreisstruktur anzuordnen, mit zwölf Straßen (branche), die die Stadt durchqueren. Der place de l’Etoile in Paris wäre hierfür ein gutes Modell.

Aber eine Stadt wird nicht nur durch ihre bauliche Grundstruktur charakterisiert. Sie ist vor allem Ort des Alltagslebens und die Stadtplanung muss auf allen Ebenen praktische Aspekte miteinberechnen. Es wäre von Interesse, von Beginn an Freizeiträume zu entwerfen und in jedem Viertel eine Mischung aus Wohn- und Gewerbegebieten anzustreben. Europa City müsste unter Gesichtspunkten der Vermischung verschiedener sozialer Schichten entworfen werden, wenn sie sich nicht, wie andere Hauptstädte, in eine kleine administrative Enklave mitten in einer Ansammlung heruntergekommener Gegenden verwandeln will. Hier kann Mexiko als negatives Beispiel dienen.

Universitäten, Unternehmen und Kino-Zentrum

Es wäre sehr europäisch, aus unserer Hauptstadt lediglich eine Museen-Stadt zu machen. Sicherlich, Europa City braucht Museen und Kunstgalerien und Bibliotheken im Überfluss. Welcher Ort wäre denn besser, um auszustellen, zu entdecken und die europäische Kultur zu (er)leben? Aber viel wichtiger wären für Europa City noch Universitäten von Weltklasse, um aus ihr ein Zentrum für Forschung, Lehre und Innovation zu machen.

Eine föderale Hauptstadt wäre die lang ersehnte Gelegenheit, das wissenschaftliche Europa mit einem Universitätspark von Weltklasse auszustatten, der die europäische Forschung vereinigen könnte. Die hier zusammengekommenen Kompetenzen würden zu der Gründung und Niederlassung von Unternehmen in der Gegend führen und die angebotene Ausbildung würde Studenten aus ganz Europa anziehen, was aus dieser Stadt den größten studentischen Schmelztiegel des Kontinents machte. Die Institutionen, die dem europäischen Forschungsraum ersetzen werden, könnten sich in Europa City ansiedeln und auf diese Art und Weise zugleich mit der föderalen Regierung sowie mit den Vertretern der Wissenschaft in Kontakt stehen.

Bei der Festlegung des administrativen Statuts von Europa City sowie vor allem der Besteuerung gilt es, die Entstehung von Unternehmen lokal zu unterstützen, ohne damit die ökonomische Attraktivität anderer Regionen zu mindern. Es gälte, eine gute Balance auf ökonomischer wie politischer Ebene zu finden, damit das Wachstum Europa Citys nicht zu einer erdrückenden Hegemonie dieser Stadt über die ehemaligen europäischen Hauptstadt führt, sondern weiterhin ein Dialog und Austausch zwischen der föderalen Hauptstadt und den anderen großen Metropolen der Mitgliedsstaaten stattfinden kann.

Eine weitere Idee, der man nachgehen könnte, wäre die Gründung eines Kino-Kulturzentrums für Europa in Europa City nach dem Vorbild von Hollywood oder Bollywood. Dieses Zentrum könnte sich vor allem auf Animationsfilme spezialisieren, um damit den europäischen Rückstand in der Digitaltechnik aufzuholen. Die vereinigende Wirkung des Kinos ist unbestreitbar, und macht einen Teil der gegenwärtigen Macht und des Einflusses der Vereinigten Staaten aus. Die Gründung einer europäischen Metropole wäre eine Gelegenheit, die europäischen Filmemacher aller Mitgliedsländer zu vereinen und ein europäisches Kino zu entwickeln.

Die Instrumente des föderalen Europas

Abgesehen davon ist es schwierig, genau vorherzusehen, was das zukünftige föderale Europa nötig sein wird. Sicherlich braucht es ein militärisches Kommandozentrum, ein Äquivalent zum Pentagon. In Anlehnung an die zwölf Sterne unserer europäischen Flagge könnte dies zwölfeckig sein und Dodecagon genannt werden. Europa City könnte auch Sitz der wichtigsten internationalen Institutionen werden: Sitz der UNO, der NATO oder anderer Institutionen, die zu dem Zeitpunkt unter Umständen existieren werden…

Eine neue Hauptstadt zu gründen ist sicherlich keine einfache Angelegenheit für Europa, aber es würde sich lohnen, wenn Europa City dadurch weltweit eines der großen Zentren internationaler gouvernance würde. Denn jenseits von Europa gibt es noch die Welt. Es gibt Staaten und Völker, die in der europäischen Konstruktion ein Modell und in Europa einen wichtigen Akteur für Frieden, Demokratie und nachhaltige Entwicklung sehen. Eine föderale Hauptstadt würde uns vor diesen besser repräsentieren und unserer Diplomatie einen soliden Bezugspunkt geben.

Wir haben nun einige Ideen für die Gründung einer föderalen Hauptstadt aufgezeigt. Eines ist allerdings sicher: Falls das Projekt zu Europa City begonnen werden sollte, wird es zunächst in ….Brüssel verhandelt werden.

Bild : Potsdamer Platz, Berlin.

Quelle : Michael J. Zirbes, Wikimedia.

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