Er gegen 200 überzeugte Europäer. „Was für ein mutiger Mann“, dachte ich, als der stellvertretende Chefredakteur der BILD, Nikolaus Blome, beim Bundeskongress der Europa-Union Deutschland (EUD) auf die Bühne trat, um die Europa-Distel entgegen zu nehmen. Nach seiner Rede klatschte der Saal etwas zu artig Beifall, mich mit eingeschlossen, schockiert angesichts der bösartig-genialen Aura, die den Mann umgab. Blome ist rhetorisch brillant, aber entweder bewusst uneinsichtig oder unfähig, die Kritik zu verstehen.
Zuvor hatte Joachim Würmeling, Vorsitzender der Europa Professionell Gruppe, in seiner Anti-Laudatio kritisch aber fair begründet, warum die BILD den Negativpreis für den größten europäischen Fehltritts des Jahres erhält: „Was uns nicht gefällt, ist, dass Sie die europäischen Bürger gegeneinander aufbringen“, sagte er. BILD habe mit der Empfehlung an die „Pleite-Griechen“, ihre Inseln zu verkaufen, zu einer Emotionalisierung der Debatte beigetragen, die die Lösung der Krise erschwere. „Wir wollen keine europäische Misstrauensgesellschaft“, schloss Würmeling seine Anti-Laudatio.
Blome und das Lob der Torheit
Was erwiderte Blome? Seine Verteidigung lässt sich in drei Punkte aufteilen:
- BILD ist gar nicht anti-europäisch!
- BILD hat recht!
- BILD lässt sich nicht zensieren!
1. BILD ist gar nicht anti-europäisch!
„Rettet den Euro!“, sei die Maxime der Bild seit 2008, behauptete Blome. Die BILD habe Haltung bewiesen, im Gegensatz zu anderen Zeitungen, und sich immer zum Euro bekannt. Man wolle die Währung retten, „aber nicht so.“
Diese Aussage passt zum ersten Unternehmensgrundsatz des Axel-Spinger Verlages: „Förderung der Einigungsbemühungen der Völker Europas“. Doch spätestens seit der Eurokrise scheint die BILD-Redaktion dies zu ignorieren. Wie sonst lassen sich die permanenten Verunglimpfungen der Griechen als „Pleite-Griechen“ erklären? Bereits im Mai 2010 berichtete Treffpunkt Europa über die demütigende Berichterstattung der BILD, doch mittlerweile ist die Demütigung der Standard geworden. In 48 Artikeln bezeichnete die BILD unsere europäischen Mitbürger als „Pleite-Griechen“. Hier eine Auswahl, zusammengestellt von Stefan Niggemeier:
Zur Förderung der Einigungsbemühungen der Europäischen Völker trägt die Verunglimpfung aller Bürgerinnen und Bürger eines Landes mit Sicherheit wenig bei. Im Gegenteil! Die BILD beschimpft die Griechen mit einer solchen Hartnäckigkeit, dass man sich fragen muss, warum die Redakteure noch nicht angezeigt worden sind. „Wer ... die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe ... beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“ heißt im Paragraph 130 zur Volksverhetzung. Herr Blome gehört nicht auf die Rednertribüne, sondern vor Gericht [1].
2. BILD hat recht!
Mehrmals in seiner Rede betont Blome, dass hinter den spitzen Schlagzeilen viel Wissen stecke. Mit der Forderung „Verkauft eure Inseln, ihr Pleite-Griechen“ habe man auf die Möglichkeit der Schuldentilgung durch Privatisierung hinweisen wollen. Und genau das sei nun eingetreten: „70.000 staatseigene Grundstücke stehen in Griechenland zum Verkauf, darunter eine komplette Halbinsel und ein kleiner Berg. Vollzogen wird der Verkauf am Ende vielleicht von einer Treuhandanstalt wie weiland in der untergegangenen DDR.“
Auch andere Entwicklungen habe man vorausgesehen. Etwa die Diskussion um den Austritt aus der Euro-Zone, überschrieben mit „Tretet aus, Ihr Griechen!“. Oder die Möglichkeit, dass sich Griechenland für einen Schuldenschnitt entscheiden könnte: „Wetten, dass Griechenland seine Schulden niemals zurückbezahlen wird, Herr Papandreou?!“.
Blomes Abschlusssatz zu diesem Punkt: „Kurzum: Ich gebe zu. Rechthaben macht Spaß. In diesem Maße recht zu haben, und zu behalten, macht fast ein bisschen Angst.“
Was der Herr nicht versteht: Es geht nicht um das Was, sondern um das Wie! Ein Wirtschaftsexperte mag hinter den reißerischen Überschriften die Zusammenhänge erkennen, doch der Durchschnittsleser ist dazu nicht in der Lage. Die BILD titelt eben nicht „Griechenland sollte über die Privatisierung als Geldquelle nachdenken“, sondern „Verkauft eure Inseln, ihr Pleite-Griechen“. Und genau das: „Inseln verkaufen“ und „Pleite-Griechen“ kommt beim Leser an. Nicht mehr und nichts anderes.
Am deutlichsten wird Blomes Unfähigkeit oder Unwillen, die eigene Wortwahl richtig einzuschätzen, beim folgenden Satz: „Und glauben Sie im Ernst, BILD hätte die Griechenland-kritische Stimmung gemacht?“ Ja, Herr Blome, das glauben wir! BILD bildet Meinungen. Natürlich ist die BILD nicht alleine für die Stimmung verantwortlich, aber ihre Funktion als Katalysator kann sie nicht leugnen.
3. BILD lässt sich nicht zensieren!
Zum Schluss bediente sich Blome eines Mittels, das immer kommen muss, wenn eine Zeitung kritisiert wird – das Totschlagargument Zensur:
„Man kriegt die Distel für etwas, was man besser unterlassen hätte. Für eine Zeitung heißt das: Was sie besser nicht geschrieben hätte. Soll uns der Preis ex post nahelegen zu schweigen, uns also irgendwie“mundtot„machen? (...) Den Boten wegen der Botschaft, die er bringt, zu köpfen, ist ein antikes Muster.“
Spätestens damit hatte Blome das Schild beiseite gelegt und das Schwert ergriffen – oder war es doch der Schnuller, an dem das ertappte Kleinkind nuckelt, wenn ihm keine gute Entschuldigung einfällt?
Anstatt auf die eigentliche Kritik einzugehen, erklärte Blome die Distel abschließend sogar zu einer Ehrung: „Distel geht auf indogermanische Ursprünge zurück und bedeutet etwa“spitz„oder“stechend„“, schloss er seine Rede: „Besser hätten Sie es nicht treffen können. Spitz sein und stechen, das wollen wir. Das will BILD sein. Seien Sie froh, dass es uns gibt.“ Wie uneinsichtig kann man eigentlich sein?
Peter Altmaier relativiert Negativpreis
Dass ein BILD-Mann die Realität zurecht biegt, ist keine Überraschung – dagegen ist es sehr verwunderlich, wenn der Präsident der Europa-Union die BILD dabei unterstützt. Peter Altmaier sagte: „Wenn es 2007 bereits die Europa-Lillie gegeben hätte, hätte die BILD sie sicherlich bekommen“. Er nahm dabei Bezug auf eine BILD-Serie zur deutschen Ratspräsidentschaft, in der die BILD 100 Tage lang Vorzüge der EU schilderte. Auch habe sich die BILD vorbildlich in der Neonazi-Berichterstattung verhalten: „Ich hätte mir eine solche klare Sprache auch von anderen Zeitungen gewünscht“, lobte er die BILD-Berichterstattung.
EurActiv kommentierte: „Spätestens da war die Distel gar nicht mehr so sehr eine Schmähung, sondern fast schon eine Auszeichnung der besonderen Art.“ Damit fasst das EU-Informationsportal (Medienpartner dieses Onlinemagazins) die Ungeheuerlichkeit von Altmaiers Worten gut zusammen. Der EUD-Präsident lobt doch tatsächlich die Berichterstattung der BILD, die lediglich 30 Minuten vorher durch den eigenen Verband scharf kritisiert wurde!
Mit diesem Schritt relativierte Altmeier den Negativ-Preis in die Bedeutungslosigkeit und untergrub damit Preis und Kuratorium! Wenn man bedenkt, dass der Präsident im Nachhinein den Preis nicht nur relativiert, sondern fast ins Gegenteil umkehrt, dann ist das schon peinlich. Das Kuratorium mag unabhängig sein, wie es Altmaier vorher noch extra betonte, doch die Distel ist damit unbedeutend.
Als Bundesvorstandsmitglied der Jungen Europäischen Föderalisten, Jugendorganisation der EUD, kann ich dieses Verhalten nicht nachvollziehen. Offenbar ist Peter Altmaier seine persönliche Beziehung zur BILD wichtiger, als die politische Arbeit der Europa-Union Deutschland. Es scheint, dass er seine Doppelrolle als EUD-Präsident und parlamentarischer Geschäftsführer im Bundestag nicht erfüllen konnte. Welche Ironie, dass er diesen Umstand bereits vorher einräumte und als einen Grund angab, warum er nicht mehr kandidieren wolle.
Die Europa-Distel hat eine politische Aussage für Europa und diese ist wichtiger, als die Beziehung einer einzelnen Person zu einem Boulevardblatt. Angesichts dieses Fehltritts ist es ein glücklicher Umstand, dass einen Tag nach der Preisverleihung ein neuer Präsident gewählt wurde.
1. Am 30. November 2011 um 09:44, von Martin Als Antwort Die Peinlichkeit der Farce: Europa-Distel, BILD, Altmaier
Peter Altmaier ist ein kluger Kopf. Schließlich sind schon bald wieder Wahlen. Mit einer Präsidentschaft der überparteilichen Europa-Union allein kannste die vielleicht nicht gewinnen. Aber gegen die BILD schon gar nicht. Und vielleicht kommt dem Europafachmann in diesen Wochen die Erkenntnis: „Mit Europa lässt sich kein Blumentopf gewinnen, wohl aber mit Netzpolitik“. Das unterstelle ich dem digitalen Senkrechtstarter einfach mal als Motiv und werte das nicht weiter (kann ja auch gut sein!).
Dass die BILD sich so als zensiertes Opfer stilisiert, überrascht mich. (#getroffeneHunde) Aber ich nehme es auch mit einer Genugtuung zur Kenntnis. Sind wir ehrlich, welches Echo hätte die Verleihung ohne die BILD denn gehabt?
2. Am 30. November 2011 um 13:18, von Benedict Als Antwort Die Peinlichkeit der Farce: Europa-Distel, BILD, Altmaier
Auch Europa muss Kritik vertragen.
Dieser Artikel unterstreicht leider nur allzusehr, warum die BILD in diesem Zusammenhang tatsächlich „Recht“ hat, ironischerweise ist nicht die Argumentation Blomes uneinsichtig, sondern die des Autors (nicht böse gemeint).
Europa hat Probleme, zu vielschichtig für einen Kommentar hier. Es ist genau deshalb auch Aufgabe der Medien, diese Probleme zu verdeutlichen. Kritisiert wird nun die Art und Weise der Berichterstattung, die hetzerisch sein soll. Angeblich stört sie also die öffentliche Ordnung. Aber was genau ist denn hier die Ordnung? Europa super, alle tanzen und sind glücklich? So ist es eben nicht. Doch leider ist die Europäische Elite noch nie in der Lage gewesen, das einzusehen. Gern wird vergessen, dass eine europäische Verfassung im Volk bisher noch nicht durchsetzbar war, wir genau desshalb auch noch keine Volksgemeinschaft sind, sondern ein Staatenverbund. Dieser Neologismus ist zwar wunderbar geeignet die mangelnde Geschlossenheit zu verdeutlichen, wurde aber ursprünglich eben dafür verwendet. Es ist Zeit, die ideologischen Grundpfeiler einer praktischen Prüfung zu unterziehen und sich allen Konsequenzen zu stellen. Einige dieser Konsequenzen werden jetzt allzu deutlich und genau deshalb ist es wichtig, als freie Presse dem Volk diese vorzuführen. Pleite-Griechen als hetzerisch darzustellen wird nur durch die Ironie überboten, Blome dafür einsperren zu wollen. Sollten wir etwa auch nackten Protest verbieten, weil dieser unanständig sei?
Grotesk wirkt dann auch die Einwand, die Zusammenhänge wären nicht zu erkennen. Dabei geht es nur noch um die Zusammenhänge. Die deutschen und griechischen Bürgern hängen seit Neustem in einer Schicksalsgemeinschaft, die man offensichtlich nicht nur als gemeinsames Händchen-Halten verstehen kann, sondern auch als ausgeworfenes Netz, in dem die Bürger jetzt wie Fische auf dem Trockenen zappeln.
Die BILD braucht offensichtlich diese deutliche Sprache, da die Mehrheit der Europabewegung diesen Missstand komplett ausblendet. Bild macht den europäischen Einigungsprozess wieder demokratisch. Dabei bleibt anzumerken, dass in einer Demokratie leider nicht das zählt, was richtig ist, sondern das, was die Mehrheit will. Das ist kann selbstveständlich ärgerlich sein und unbequem, aber nicht antieuropäisch.
3. Am 30. November 2011 um 19:22, von Christoph Als Antwort Die Peinlichkeit der Farce: Europa-Distel, BILD, Altmaier
Hallo Benedict,
ich muss sagen, dass ich den Artikel eigentlich schon ein bisschen anders aufgefasst habe und auch die Verleihung der Distel in einem anderen Licht betrachte. Kein Mensch kann ernsthaft bestreiten, dass die EU nicht gravierende und zu kritisierende Probleme aufweist und darüber soll man auch kritisch berichten. Eine kritische Öffentlichkeit macht die Demokratie erst zur Demokratie, der öffentliche Diskurs pluraler Meinungen ist absolut notwendig und wünschenswert. Ich würde dir aber widersprechen, wenn du behauptest, der Bürger bräuchte die „deutliche Sprache“ der BILD. Meine persönliche Erfahrung ist, dass Menschen das sachliche Argument sehr wohl und viel besser verstehen, als überzogene und in ihrem Inhalt verzerrte Informationen. Das sachliche Argument hilft den Menschen ein Problembewusstsein auszubilden, die überzogenen Bilder hingegen verwischen die eigentliche Problematik eher, weil sie durch ihre wahlweise beschönigenden oder herabsetzenden Begriffe den Fokus von den sachlichen Argumenten abziehen. Die Notwendigkeit, eine klare Argumentation in polemische Sprache zu kleiden, besteht kein Bisschen und das ist ja auch der zentrale Kritikpunkt an der BILD. Nicht ihre Berichterstattung, nicht dass sie berichterstattet - denn das ist tatsächlich wichtig - sondern wie sie ihre Berichterstattung in völlig dämliche Polemik kleidet. Diese Polemik trägt kein bisschen zur Verdeutlichung sachlicher Argumente bei, sondern ist schlicht die Bedienung vereinfachender Denkmuster, fundamentale Komplexitätsreduktion und als solche verzerrte Information eben nicht mehr Beitrag zu einem kritischen Diskurs. Die Verkürzung von Sachverhalten auf populäre Strickmuster unterwandert ja gerade die demokratische Meinungsbildung. Das demokratische Element ist bei der BILD deshalb gerade nicht besonders ausgeprägt. BILD produziert fraglos eine Meinung, aber eine verzerrte, eine agitierende und aufwiegelnde. Ich denke das ist die zentrale Kritik der Europaunion und auch die Stoßrichtung dieses Artikels. Europa verträgt Kritik (wie du vielleicht auch festellen kannst, wenn du dir hier mal mehr als diesen einen Artikel durchliest) - es braucht aber fundierte Kritik, konstruktive Kritik und keine destruktive (weil Nationalismen schührende) Polemik.
4. Am 1. Dezember 2011 um 16:50, von Benedict Als Antwort Die Peinlichkeit der Farce: Europa-Distel, BILD, Altmaier
Hey Christoph,
es freut mich, dass du so ausführlich auf meinen Punkt eingehst, trotzdem muss ich dir widersprechen. Einmal ist es mir wichtig zu sagen, dass ich den Artikel genauso verstanden habe wie du. Vielleicht habe ich mit „Kritik“, die Europa vertragen müsse, einen falschen Ausdruck benutzt. Ich meine, genau an diesem Punkt entbrännt auch die Diskussion mit der Bild.
Was ich meine, möchte ich versuchen, mit deinen (übrigens wunderbar klar formulierten - ich hoffe, du bist bei mir nachsichtiger) Aussagen verdeutlichen. Im letzten Satz nennst du auf der einen Seite fundierte und konstruktive Kritik und auf der anderen destruktive Polemik. Was sicherlich auch ein Stilmittel ist, zeigt finde ich trotzdem, dass alles außer fundierter Kritik nicht „gilt“. Auch die Kritik an der BILD, sie produziere zwar „eine“ Meinung, ABER eine verzerrte..., wie auch die Informationen verzerrt seien, zeigt für mich die fehlenden Bereitschaft, alles, was nicht vernünftig und ergo nicht „richtig“ ist, abzulehnen. Ich denke, hier im Forum sind alle auf einem Level, dass es für uns keine falsche Kritik geben kann. Die BILD wird dagegen anders gesehen, sie kritiert ja nicht, sie polemisiert. Tatsächlich gehört aber auch das zur Demokratie. Poltisch korrekt bezieht sich nicht auf den Bürger. Ich stimme komplett hinzu, dass ein öffentlicher Diskurs wünschenswert ist. Die Frage ist aber, ist das ein Imperativ? Muss es diesen Diskurs für jedermann geben oder hat man, in einer Demokratier, auch ein Recht auf seine Meinung, ein Recht auf Dummheit sogar? Was ich versucht habe, oben zu beschreiben, mit dem zappelnden Fisch im Netz, war das nicht meine Meinung. Aber meiner Erfahrung nach ist das die Meinung von vielen Menschen. Interessant ist es jetzt, ob diese Menschen in den kritischen Diskurs treten müssen, ob man ihre verzerrte Sichtweise zurechtbiegen soll, wie man sich das in einer politischen Gemeinschaft wünschen würde, oder ob man die nächste Wahl abwarten muss und guckt, was raus kommt?
Ich hoffe, ich konnte ein bisschen verdeutlichen, was ich meine. Letzendlich ging es mir auch nicht um einen Widerspruch, sondern um den Einwand, dass in einer Demokratier und deswegen eben auch in Europa nicht immer das Verünfigte gilt, dass Europa aber auch diese Unvernunft vertragen muss, das als Aufgabe wahrnehmen muss.
5. Am 2. Dezember 2011 um 00:46, von Christoph Als Antwort Die Peinlichkeit der Farce: Europa-Distel, BILD, Altmaier
Hallo Benedict,
wenn ich dich richtig verstanden habe, argumentierst du, dass die Berichterstattung der BILD zwar nicht ideal oder wünschenswert, aber eben immer noch „rechtens“ ist und deshalb Teil unserer demokratischen Gesellschaft. Da würde ich dir natürlich zustimmen. Die Problematik liegt für mich allerdings in der relativ großen Bedeutung der BILD, weil sie das mit Abstand meistgelesenste Boulevardblatt ist. Vor dem Hintergrund ihrer Verantwortung gegenüber ihrer Leserschaft wiegt ihre unqualifizierte polemische Bemäntelung natürlich um einiges schwerer, als wenn das der Herr Meier aus Hintermmondhausen machen würde. Vor diesem Hintergrund finde ich es auch gerechtfertigt, der BILD einen Negativpreis zu überreichen, weil sie verantwortungslos handelt. Gerade die Verleihung der Distel kann nun ja auch wieder als ein äußerst demokratischer Akt betrachtet werden. Es ist gewissermaßen die Bewertung eines sozialen Aktes durch einen sozialen Akt und der eine ist so rechtmäßig wie der andere. Ganz davon abgesehen, hat die Preisüberreichung ja immerhin zu einem Diskurs angeregt, zur gesellschaftlichen Reflexion beigetragen und mithin ihren Zweck erfüllt ;)
6. Am 13. Dezember 2011 um 12:32, von Giakoumis Als Antwort Die Peinlichkeit der Farce: Europa-Distel, BILD, Altmaier
Christoph argumentiert rational. Die Freiheit des Denkens und des Schreibens ist ein Grundsatz unserer freiheitlichen europäischen Ordnung. Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität sind Grundprinzipien unserer Europäischen Union und es soll auch so bleiben. Wenn allerdings die Freiheit des Einen (BILD), die Personen einer anderer Gruppe durch Hetze beleidigt und beschimpft, dann hört m.E. die Freiheit auf und beginnt das juristische Strafverfahren. Ich bin Grieche und ich bin Europäer, ich bin Stolz beides zu sein und ich bin Stolz für das Erreichbare. Aber ich schäme mich, wenn ich sehe, dass dieses „Medium“ Namens BILD Zeitung seit drei Jahren nun konstant und penetrant Freiheiten instrumentalisiert und dadurch wichtige Prinzipien der Moral und der Ethik anderer befreundeten Völker auf dem Tempel des Konsums (Kauf) vergewaltigt. Mit der permanenten Bezeichnung „Ihr pleite Griechen“ verallgemeinert die BILD ein ganzes Volk. Bin ich etwa als Grieche oder meine in Griechenland lebenden Verwandten und Freunden pleite? Gewiss nicht. Wenn die BILD nicht verallgemeinert, dann kann dieses Blatt auch nicht die Auflagen hoch halten. BILD denkt daher nicht nur sondern handelt opportun und das ist schändlich für die Freiheit, schändlich für die Demokratie und schädlich für die EU: Warum? Ganz einfach. Wenn gewisse BILD-Journalisten hier so agieren, vergessen sie offensichtlich opportun (das ist denen gleichgültig), dass es in SO Europa (Griechenland) andere Journalisten es gibt, die reagieren (Ihr EURO-Diktatoren). Dieser Aktions- Reaktionsmechanismus beider Seiten führt zu gegenseitigen Beschimpfungen, Beleidigungen und Hetzaktionen. Was bringt das Alles? Beide Völker leben in Frieden in einem vereinten Europa, beide sind befreundet und beide haben die Wunden des letzten Krieges in oder besser gesagt, dank der EU überwunden. Die Hetzkampanien zerstören das positive Bild des jeweils Anderen. Daher kann das Verhalten der BILD Zeitung sogar als schädlich in den bilateralen Beziehungen nicht nur zwischen Deutschland und Hellas sondern generell in der EU betrachtet werden. Denn die Anderen schauen ganz genbau zu, wie ein reiches Land der EU ein verhältnismäßig Ärmeres in der gemeinsamen Familie betrachtet und behandelt.
Dank an Christoph und die Europa Union für die ich nun seit 20 Jahre hauptamtlich arbeite (Landesgeschäftsführer in der Europa Union in NRW), für die guten und hervorragenden Positionen. Christoph ermutigt mich für meine Ideale in der EU weiterzuarbeiten ohne dabei den anderen zu verletzen. Danke Christoph.
Dr. P. Giakoums
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