Die Kommission will Frontex stärken

Eine gute oder schlechte Nachricht?

, von  Frank Stadelmaier

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Die Kommission will Frontex stärken

Der Hintergrund wird für gewöhnlich mit dem Begriff der „illegalen Einwanderung“ umschrieben. Dieser blendet jedoch Wichtiges aus: Nicht nur werden die einwandernden Arbeitskräfte – sofern sie es schaffen, unbehelligt zu bleiben – häufig für niedere Arbeiten bei niedriger Bezahlung eingesetzt, ob legal oder (meist) per Schwarzarbeit. Auch geht ihr Wesen über das hinaus, was mit dem Schlagwort „illegale Einwanderung“ auf Kriminalität reduziert wird. Es sind ja keine Waren, die da illegal eingeschmuggelt werden, sondern Menschen. Menschen, die ihre Familie unterstützen wollen, oder die keine mehr haben und bindungslos ihr Glück in Europa versuchen – ein Glück, das sich praktisch nie einstellt.

Humanitäres Problem

Viele sterben auf der Überfahrt im Mittelmeer oder im Atlantik vor den Kanarischen Inseln. Hunderte jedes Jahr, wahrscheinlich mehr als Tausend. Die europäischen Küstenpatrouillen helfen ihnen in ihren Nussschalen nicht immer, manchmal drängen sie sie nur ab, zurück aufs offene Meer. Hier liegt das eigentliche Problem: unterlassene Hilfeleistung (oder Schlimmeres) aufseiten der staatlichen europäischen Akteure auf See. Eigentlich ein unvorstellbarer Zustand.

Jetzt schlägt die Kommission vor, Frontex solle direkt auf einen Pool bereitgestellter Helikopter und Schiffe zurückgreifen können, auch die Einsätze planen und sich mittelfristig eigenes Material anschaffen. Innenkommissarin Malmström erhofft sich durch den direkten Zugriff Brüssels offenbar auch eine bessere Einhaltung der Menschenrechte. Alle europäischen Grenzschutzbeamten sollen in Zukunft zum Thema Menschen- und Grundrechte geschult werden, also auch zu den Themen Asyl und Nichtzurückweisung.

Europäische Lösung?

Dabei werden im Rat, der dem ganzen Vorhaben zustimmen muss, vorhersehbare politische Auseinandersetzungen geführt werden: die in erster Linie betroffenen Staaten – Italien, Griechenland, Spanien und Malta – werden den Zugriff auf ihre nationalen Ressourcen an Mensch und Material kaum genehmigen, ohne von den nördlichen Ländern mehr Unterstützung bei der Aufnahme der Migranten zu erhalten. Nicht zu Unrecht fühlen sich viele Verantwortliche im Süden vom Norden alleingelassen mit der Misere auf See und in den Auffanglagern an Land. Ein tauglicher Kompromiss wird also auch dem Norden mehr abfordern – offen ist, ob dies finanzielle Aufwendungen oder die Aufnahme von Migranten, ganz im Sinne europäischer Solidarität und Zusammengehörigkeit, beinhaltet.

Ob Malmströms Vorschlag also durchkommt, ist alles andere als sicher. Prinzipiell ist er aber zu begrüßen, wenn er denn tatsächlich zu größerer europäischer Solidarität in der Sache führt und für einen besseren Schutz des Lebens und der Gesundheit der Migranten sorgt. Aber auch das kann nur ein Anfang sein. Denn mit dem Überleben der Überfahrt fangen die Probleme der Migranten in Europa für gewöhnlich erst an.

Mehr dazu unter:

http://www.eu-info.de/dpa-europaticker/167170.html http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/10/184&format=HTML&aged=0&language=DE http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=MEMO/10/45

Bildquelle: http://www.flickr.com; Autor: Miguelángel

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