Die Europäer und die Union : eine geträumte Scheidung

, von  Übersetzt von Léa Gladis, Dominique Reynié

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Die Europäer und die Union : eine geträumte Scheidung

Mit welchem Trick kann man glauben machen, dass die Europäer das gleiche von der Union halten wie die Iren von ihrer Regierung? Seit dem „Nein“ der Iren zum Vertrag von Lissabon, kommt die Frage einer Spaltung der europäischen „Eliten“ und „Völker“ wieder auf.

Ein Vorurteil als These

Der Erfolg der These ist durch die Mythen garantiert, die sie wieder aufleben lässt: durch den Nationenmythos, den Revolutionsmythos. Ihren Erfolg verdankt die These ihrer Simplifizierung und der Bequemlichkeit, die sie jedem bietet, der sich ihrer annimmt, da sie zwei vorteilhafte und einfache Handlungen ermöglicht: alles zu erklären und sich gleichzeitig auf die Seite der zornigen Leute zu stellen. Das ist noch schöner, wenn die Verteidiger dieser These nicht publikumwirksam sind, was offensichtlich nicht selten ist. Man zählt unter ihnen sogar steinreiche Geschäftsmänner.

Die These kann zum Gegenstand wirklich populistischer Zwecke werden, wenn sie den sozialen Eliten erlaubt, sich auf das Volk zu berufen oder von diesen Empathie zu fordern, um medienwirksame oder politische Tätigkeiten zu verfolgen, was für sie nicht weniger nützlich ist als für die, die sie anprangern. In der Politik sowie in anderen Bereichen sind die Unternehmer auf der Suche nach neuen Marktanteilen. Die Souveränisten bilden hier keine Ausnahme.

Souveränisten und nationale Regierungen durch ein gemeinsames Interesse vereint

Schließlich ist es garantiert, dass die Behauptung ein breites Echo finden wird, weil sie zahlreiche und einflussreiche Fürsprecher hat: die der rechten Souveränisten im Namen der nationalen Identität, die der linken Souveränisten im Namen der Arbeiter und last but not least…die der nationalen Regierungen. In der Tat widerstehen Letztere nur selten der Versuchung, die Vorbehalte, die ihnen gegenüber gehegt werden, auf die Union zu übertragen. Der Fall Irland ist hier emblematisch, denn jeder weiß, dass Europa diesem Land viel gebracht hat.

Die Europäer kritisieren nicht die Union, sondern die nationalen Regierungen, die fast überall eine wachsende Unzufriedenheit hervorrufen. Man kennt übrigens die Mehrheit der Gründe dieser allgemeinen Unbeliebtheit: die Kaufkraft, insbesondere der Benzinpreis, die demographische Überalterung, die unseren Kontinent befällt und das Gefolge der Konsequenzen: Rentenreformen, Krankenversicherungsreformen, Einwanderung etc. Also nichts sehr Beliebtes.

Europa könnte eine sehr viel wichtige Rolle in allen diesen Bereichen spielen…wenn die Regierungen noch mehr zusammen arbeiten würden. Aber die rechten Souveränisten würden es nicht versäumen, den Landesverrat zu denunzieren, während die der Linken den Rechtsstreit mit den Profitjägern übernehmen würden, in einem Bündnis, das nunmehr gesetzt ist, und in dem zunehmend öfter Argumente ausgetauscht werden.

Für Europa ist die „Stato-Skepsis“ das Ereignis

Was mich betrifft, sehe ich keinen Anstieg der Euro-Skepsis, sondern eher den Beginn einer „Stato-Skepsis“, d.h. den Beginn einer großen Unzufriedenheit der Europäer ihrer nationalen Regierung gegenüber (vgl. zu diesem Thema die Ausgabe 2008 der „L’Opinion européenne“). Für die Zukunft würde ich nicht auf die Schwäche der Euroskepsis setzen, wenn unsere Machthaber schlechte Entscheidungen treffen. Aber wenn Europa wirklich unbeliebt wird, wird man die Machthaber ausbuhen und die Völker werden untereinander verhasst sein. Angesichts der Globalisierung können sich die Europäer nicht im Traum ihre Staaten vorstellen, wie sie einsam dahinsegeln, um mit China, Russland und den USA über die Geschäfts- und Handelstarife zu diskutieren. Sie träumen nicht davon, ihr Benzin mit den wieder hergestellten Währungen zu bezahlen. In der heutigen Welt sind dies kindische Gedanken. Bis heute – das kann sich morgen ändern – wollten die Hunderte von Millionen europäischer Wähler nirgendwo ihre nationale Macht einer politischen Kraft anvertrauen, die in ihrem Programm die Mitgliedschaft in der Union in Frage stellte. Dies kann man sehen, wenn man die fast 90 nationalen Wahlen zurate zieht, die in den 27 Ländern der Europäischen Union seit 1996 statt gefunden haben.

Es ist fast amüsant festzustellen, dass die Meister der Aufrufe an das Volk genau diejenigen sind, die die Wahlen verlieren.

Bildung: aus der Seite Matton.fr.

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