Der neue Stabilitäts-und Wachstumspakt: geht er weit genug?

, von  Alain de Raymond

Alle Fassungen dieses Artikels: [Deutsch] [English]

Der neue Stabilitäts-und Wachstumspakt: geht er weit genug?
Helfen die neuen Regeln der Stabilität des Euro? Bild: Euro von mammal, bestimme Rechte vorbehalten.

Der Stabilitäts-und Wachstumspakt, die Einschränkung der Finanzpolitik der Mitgliedstaaten, wird wieder geändert. Die Kommission und der Rat werden die Verhandlungen über der Reform voraussichtlich im Juni 2011 abschließen im Einvernehmen mit dem Europäischen Parlament. Die vorgeschlagenen Änderungen könnten nicht ausreichend sein. Um ein reibungsloses Funktionieren des Euro zu gewährleisten, einigten sich die europäischen Staats-und Regierungschefs 1992 auf eine Reihe von finanzpolitischen Regeln für ihre nationalen Budgets. Die bekannteste ist die 3-Prozent Beschränkung, welche die jährliche Haushaltsdefizite aller Mitglieder der EU auf 3% begrenzt, obwohl einige Ausnahmen möglich sind. Wenn ein Mitgliedstaat das Kriterium nicht erfüllt, drohen finanzielle Sanktionen bis zu 0,5 Prozent des BIP. Zum Beispiel könnte Deutschland mit der aktuellen Wirtschaftsleistung eine Geldstrafe von mehr als 16,5 Milliarden Euro bekommen.

Was steckt hinter diesen Strafen?

Wenn ein Mitglied hohen Defiziten aufbaut, könnte seine Staatsverschuldung nicht mehr tragbar sein. Das würde der Glaubwürdigkeit des Euro schaden und andere Länder hätten einen höheren Preis zu zahlen, wenn sie Kredite für ihre Schulden aufnehmen wollen. Die unhaltbare Verschuldung eines Mitgliedstaates würde die Zinsen nach oben drücken und so zu negative Auswirkungen für alle beteiligten Länder des Euro führen. Die europäischen Finanzregeln wurden mehrmals angepasst. Zuerst mit dem Stabilitäts-und Wachstumspakt 1997. Zweitens wurden Änderungen im Jahr 2005 gemacht, weil einige Mitglieder die Regeln des Paktes nicht erfüllen konnten. So wurden Deutschland und Frankreich trotz ihrer Defizite von mehr als 3 Prozent nicht bestraft. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Rat zuständig ist für den Start des Bestrafungsverfahrens. Im Falle Frankreichs und Deutschlands nutzten beide ihr Veto.

Die vorgeschlagene Reform

Die aktuelle Einstellung hat die Wirtschaftskrise nicht verhindert. Nur 5 EU-Mitglieder hatten 2009 ein Defizit von weniger als 3 Prozent. Die Europäischen Kommission und der Rat stimmten einigen Änderungen im März 2011 zu. Beide Institutionen verhandeln diese Änderungen mit dem Europäischen Parlament. Für Juni 2011 ist das Ende der Verhandlungen vorgesehen. Fünf neue Änderungen über die Budgetregeln werden vorgeschlagen. Erstens sollte die Schuldenquote (in Prozent des BIP) reduziert werden, um zu hohe Schuldenquote zu vermeiden. Zum Beispiel, wenn ein Land eine Schuldenquote von 100 Prozent des BIP hat, musst es die Quote um 2 Prozent pro Jahr reduzieren um hohe Schulden wie in Griechenland und Italien zu verhindern.

Zweitens, soll die Kommission und nicht der Rat über Sanktionen für einen Mitgliedstaat mit einem übermäßigen Defizit entscheiden können. Die Sanktionen können dann nur noch vom Rat mit qualifizierter Mehrheit verhindert werden. Drittens, sollen die Rechnungslegungsvorschriften der öffentlichen Finanzen harmonisiert werden. Diese zielt darauf ab, eigene Interpretationen der Mitgliedstaaten zu verhindern. Die griechische Regierung beispielsweise hatte ihre Zahlen nicht korrekt dargestellt. Damit war es schwierig die Gesamtverschuldung einzuschätzen, als die Krise Griechenland traf.

Viertens, müssen die Mitgliedstaaten jedes Jahr einen Stabilitäts-und Konvergenz-Plan vorlegen, in dem sie erklären müssen wie sie ein Defizit vermeiden werden. Fünftens, sollen makroökonomische Ungleichgewichte verhindert und korrigiert werden. Genau wie die „übermäßigen Defizite“, wird eine neue Prozedur eingeführt, die greift wenn ein hohes wirtschaftliches Ungleichgewicht auftritt. Die Mitgliedstaaten werden dann verwarnt und sanktioniert (bis zu 0,1 Prozent des BIP) wenn sie diese Ungleichgewicht nicht korrigieren. Auch hier kann der Rat nur die Entscheidung der Kommission mit qualifizierter Mehrheit widerrufen. Diese Maßnahme wird vorgeschlagen, um Ungleichgewichte wie die Immobilien-Blase in Irland und Spanien vor der Krise zu verhindern.

Bewertung der Vorschläge

Der Stabilitäts-und Wachstumspakt wird aus verschiedenen Gründen seit seiner Gründung kritisiert, wie es auch bei den aktuellen Änderungen der Fall ist. Der neue Abstimmungsmodus im Rat ist nicht in der Lage Sanktionen zu gewährleisten wenn sie rechtlich angemessen wären. Die Sanktionen könnten auch zu hoch sein und weiteren Euroskepsis führen. Genauso werden die präventiven Maßnahmen keine konkreten Ergebnisse garantieren. Die finanzpolitische Regeln auf europäischer Ebene sind von der Bereitschaft der Mitgliedstaaten abhängig. Wie Jean-Claude Juncker, der Präsident der Eurogruppe, sagte: „Wenn die Bereitschaft von denjenigen, die die Pflicht zur Umsetzung des Stabilitäts-und Wachstumspakt haben, vollkommen ist, wird die Durchführung vollkommen sein.“ Wenn der neue Stabilitäts-und Wachstumspakt wieder schlecht funktionieren sollte, dann ist es vielleicht auf die (ungerechtfertigte) Angst vor weiterer europäischer Integration zurückzuführen?

Ihr Kommentar
Ihr Kommentar
Vorgeschaltete Moderation

Achtung, Ihre Nachricht wird erst nach vorheriger Prüfung freigegeben.

Wer sind Sie?

Um Ihren Avatar hier anzeigen zu lassen, registrieren Sie sich erst hier gravatar.com (kostenlos und einfach). Vergessen Sie nicht, hier Ihre E-Mail-Adresse einzutragen.

Hinterlassen Sie Ihren Kommentar hier.

Dieses Feld akzeptiert SPIP-Abkürzungen {{gras}} {italique} -*liste [texte->url] <quote> <code> et le code HTML <q> <del> <ins>. Absätze anlegen mit Leerzeilen.

Kommentare verfolgen: RSS 2.0 | Atom