Cola, EU, Skeptiker – Europa hat ein Imageproblem

Ein Engländer und seine Sicht auf die Öffentlichkeitsarbeit der EU

, von  Matthew Barker, übersetzt von Lisa Albers

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Cola, EU, Skeptiker – Europa hat ein Imageproblem
Übertragungswagen vor einem EU-Gebäude © European Union, 2011

Den ganzen Tag werden wir mit Bildern bombardiert, sei es im Fernsehen, im Internet oder einfach an der Reklametafel der Bushaltestelle. Das beste Beispiel dafür ist Coca Cola. Nachdem ich einen interessanten Beitrag auf Euractiv über den Mangel an erfolgreichem Selbst-Marketing der EU gelesen hatte, schwirrten meine Gedanken um ein heikles Problem, das die EU besonders in so skeptischen Ländern wie Großbritannien verfolgt: die EU hat ein Imageproblem.

Engländer und pro-europäisch zu sein, ist schon schwierig genug, aber am meisten Sorgen macht mir der Mangel an Presse über die EU. Und wenn darüber berichtet wird, dann nur in dieser Form: unsere Bananen seien nicht gerade genug und unsere Fußballnationalmannschaft könnte dazu gezwungen werden, die EU Flagge auf ihren Trikots zu tragen, sobald die heimtückische EU Kommission ihren eigensinnigen Willen durchsetzt. So komisch diese Geschichten auch klingen mögen, sie verdeutlichen ein bekanntes Problem der Union.

Zu wenig Berichterstattung

Einfach gesagt: es gibt nicht genügend positive Berichterstattung; nichts auf Plakatwänden oder im Fernsehen, um die Wähler darüber zu informieren, was die EU eigentlich leistet. Länder wie Großbritannien, mit moderner Infrastruktur und entwickelter Wirtschaft, „sehen“ selten Renditen für ihr Europäisches Investment. Diese Wahrnehmung ist weit entfernt von der Realität – was Unterstützungsempfänger der Europäischen Kohäsionspolitik sicherlich bestätigen werden. Universitäten und Weiterbildungs-zentren im Südwesten Englands unter der South West Regional Development Agency bekommen alleine 20 Millionen Pfund (von 2007 bis 2014), mit fast zusätzlich garantierten 20 Millionen Pfund um auszuschließen, dass für die Projekte das Geld ausgeht [1].

Jetzt kann man sich fragen, wie effizient solche riesigen und frühzeitig garantierten Geldsummen eigentlich sind. Außerdem könnten andere schützende Maßnahmen diskutiert werden, die sicherstellen, dass kein Geld verloren geht. Aber das alles geht am Punkt vorbei. In einer Zeit, in der die Britische Regierung Hochschulbildung zusammenstreicht (einschließlich der Finanzierung von Baumaterialien), finanziert die EU nach wie vor Projekte, auch wenn sie weniger spürbar sind.

Unaufgearbeitete Informationen führen zu Intransparenz

Alle bereits aufgelisteten Informationen sind problemlos auf der Website über Regionalpolitik der Europäischen Kommission abrufbar. Das Problem ist, dass ich ziemlich lange danach suchen musste. Es hat mich, genauer gesagt, über eine Stunde gekostet herauszufinden, welchen Geldbetrag die EU für Eigenwerbung ausgibt (mittlerweile ist es ein komplettes online Verfahren und Annoncenblätter laufen langsam aus). Eine weitere Schwierigkeit, die mich konfrontierte war, dass obwohl ich viel über Kohäsion, Wettbewerbsfähigkeit und dergleichen erzählen könnte, ich keine konkreten Zahlen parat hätte. Mit einer zusätzlichen Stunde Zeit hätte ich sicherlich etwas Handfestes gefunden, aber das widerspräche dem eigentlichen Ziel.

Womit haben wir es also zu tun? Eine Flut von Information ist online „problemlos“ abrufbar, aber die Frage ist, wie man dort hinkommt. Selbst Google bereitet es Schwierigkeiten korrekte finanzielle Informationen über die EU hervorzubringen. Der Marketingstrategie der Kommission mangelt es, wenngleich durchdacht, topaktuell und mit dem en vogue Schlagwort „Transparenz“ überflutet, an einem gewissen je ne sais quoi!

Die EU braucht ein Image

Was ist also mit dem Artikel, den ich am Anfang erwähnt habe? Nun, der an einer Amerikanischen Universität ausgebildete Inder, Leiter der Französischen Business School INSEAD, brachte es ziemlich gut auf den Punkt. In seinem Interview betont er, wie nationaler oder eher Europäischer (nicht Union) Stolz als ein marktfähiges Image zusammengefasst werden sollte; Hauptkomponenten seien Kultur, Dauerhaftigkeit und Einzigartigkeit der Europäischen Gesellschaft als ein Ganzes. Ich befürworte nicht, dass die Völker Europas sich „bündeln“, ein kitschiges Etikett auf eine Brotdose kleben und sich selbst „verkaufen“ sollten, um die EU voranzutreiben. Die EU sollte sich stattdessen in eine Richtung bewegen, in der die bescheidene Bushaltestelle eine Möglichkeit bietet, die Vorzüge der Unions-Mitgliedschaft, darzustellen.

Diese „Werbung“ sollte auf die Region zugeschnitten sein, auch wenn die Kosten dann steigen, denn nichts macht das Leben für einen Gesetzgeber leichter, als wenn er für das gelobt wird, was er macht. Negative Presse ist frei und schnell aus allen Ecken verfügbar – sei es aus der Blogosphäre oder von ranghohen Kabinettsministern. Mythos-widerlegende Webseiten helfen ein wenig, um dieses Problem zu mildern, aber wenn die Bevölkerung nicht weiß, was gemacht wird, um ihnen persönlich zu helfen, bleibt die EU bestenfalls weit entfernt von ihnen und schlechtestenfalls bedeutungslos.

Ein Vakuum füllen

Als ein Mitglied der neuen JEF Sektion in den Niederlanden habe ich das Gefühl, dass sogar in einer Nation, die als besonders pro-europäisch wahrgenommen wird, ein Vakuum herrscht, indem viele Bürger nicht wissen, was die EU ist oder was sie für sie tut. Es macht mir Spaß neuen Mitgliedern zu erzählen, was wir machen, was die EU macht und welche Vorteile sich aus der Mitgliedschaft in dieser Vereinigung ergeben. Das heißt nicht, dass ich blind bin, für all die Exzesse und Schwächen der EU, die gleich um die Ecke herumschleichen, darauf wartend mir in der Gestalt eines weiteren EU-Skeptikers ein Bein zu stellen.

Coca Cola sagt uns unaufhörlich, dass sie da ist. Ob wir hinschauen oder nicht – sie ist immer da – wenn ihr mir nicht glaubt, schaut euch das heimische Dönerbudenschild an. Flächendeckende Werbung und eine durchdringende Wahrnehmung der Marke lässt die Leute Dinge unterbewusst wiedererkennen. Wenn man Coca Cola mit einem Warenautomaten assoziiert, ist man eher dazu geneigt das Produkt zu kaufen, wenn man das nächste Mal so einen Automaten sieht. Wären wir ständig daran erinnert, dass die EU da ist, als eine Antriebskraft für Gutes und persönliches Weiterentwickeln, dann würden die extremen Ansichten, die der Entwicklung der Union die Luft abschneiden, langsam verblassen. Leider gibt es keine schnelle Lösung, aber man muss irgendwo anfangen. Und was ist besser, als publik zu machen, dass ein neuer Bücherei-, Krankenhaus- oder Schultrakt mit „ihrem Geld“ von der EU gebaut wurde.

Es ist nur ein Gedanke - aber wenn skeptische Länder wie Großbritannien anfangen, als ersten Schritt, EU-Investitionen besser zu vermarkten, werden die Bürger schnell diese lästige Bananengeschichte vergessen.

Anmerkungen
Ihr Kommentar
  • Am 27. August 2011 um 14:07, von  Christoph Als Antwort Cola, EU, Skeptiker – Europa hat ein Imageproblem

    „nichts auf Plakatwänden oder im Fernsehen, um die Wähler darüber zu informieren, was die EU eigentlich leistet“ - ich denke nicht, dass mit Werbung relevante Information einhergehen kann. Man muss sich immer vor Augen halten, dass Vermarktung eben nicht im Diskurs zu überzeugen versucht, sondern jemanden verleiten soll ein Produkt zu kaufen, ohne dass ein Diskurs stattgefunden hat. Für eine Demokratie ist Vermarktung alles andere als angemessen. Ich stimme dem Autor zu, wenn er ein Informationsdefizit bezüglich der EU Politik proklamiert, doch lässt sich das nicht durch eine wie auch immer geartete „Vermarktung“ verbessern, sondern einzig durch einen kritischen öffentlichen Diskurs und eine forcierte politische Bildung in Schulen und Universitäten.

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