Was letzte Woche in Europa los war

Neuer EU-Botschafter in den USA, AfD, italienische Populist*innen & mehr

, von  Pascal Letendre-Hanns, Radu Dumitrescu, übersetzt von Annika Klein

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Neuer EU-Botschafter in den USA, AfD, italienische Populist*innen & mehr
Fotoquelle: Anja Meunier

Unsere Kolleg*innen von „The New Federalist“, der englischsprachigen Schwesterzeitschrift von treffpunkteuropa.de, berichten von wichtigen Ereignissen, die sich in der vergangenen Woche in Europa zugetragen haben, darunter einige, die eventuell untergegangen sind. Fehlt aus eurer Sicht etwas? Hinterlasst einen Kommentar auf der Facebook-Seite von „The New Federalist“: http://facebook.com/thenewfederalist.eu

Die EU schickt neuen Botschafter in die USA

David O’Sullivan, bisher Botschafter der EU in den USA, wird seinen Posten nächsten Monat verlassen. Ersetzen wird ihn Stavros Lambrinidis, ehemaliger Außenminister Griechenlands. Die Beziehungen zwischen der EU und den USA befinden sich wegen des Handelsstreits mit der Trump-Regierung auf einem Tiefpunkt. Vor diesem Hintergrund wurde O’Sullivans Status in Washington herabgesetzt. Seit Ende 2016 hatte sein Rang eigentlich dem nationaler Botschafter*innen entsprochen. Die Trump-Regierung hat diesen Status jetzt geändert: O’Sullivan steht nun auf einer Stufe mit den Gesandten internationaler Organisationen, die auf der Protokollliste nationalen Botschafter*innen untergeordnet sind.

Ob diese Änderung Absicht oder ein Versehen war, ist unklar. Der aktuelle Shutdown der Regierung trägt jedenfalls nicht dazu bei, die Sache aufzuklären. Hinzu kommt, dass die EU über die Änderung von O’Sullivans Status nicht informiert wurde. Seit 2009, als der Vertrag von Lissabon in Kraft trat, hatten EU-Gesandte als langer Arm der EU-Kommission in Sachen Außenpolitik, Handel und weiteren Bereichen einen höheren Status und wurden entsprechend anders behandelt. Indem die EU O’Sullivan durch Lambrinidis ersetzt, erhofft sie sich einen Neubeginn der Beziehungen mit den USA. Abgesehen von diesem jüngsten Protokollfiasko sind sich die Trump-Regierung und die EU in der Vergangenheit bei vielen Themen, u. a. den Militärausgaben und Handelsverhandlungen, mehrfach uneinig gewesen.

USA legen Ziele für Handelsverhandlungen mit der EU dar

Der Handelsbeauftragte der USA hat im Rahmen einer Mitteilung an den Kongress die Verhandlungsziele seines Landes für ein Handelsabkommen mit der EU dargelegt. Brisanterweise umfassen diese Ziele Verhandlungen über den Handel mit Agrarprodukten. Die USA drängen schon lange darauf, dass die EU ihren Markt für die Landwirtschaft der USA öffnet. Befürchtungen, der europäische Markt würde dann überschwemmt und europäische Produzent*innen aus dem Geschäft vertrieben, haben jedoch bisher dafür gesorgt, dass die EU solchen Forderungen nicht nachgegeben hat. Nach Abbruch der TTIP-Verhandlungen kennzeichnet die Mitteilung des Handelsbeauftragten einen Neubeginn der Handelsgespräche zwischen der EU und den USA. Es ist zu erwarten, dass die EU bald ihre eigenen Ziele bekanntgeben wird.

Italienische Populist*innen ermutigen Gelbwesten

Am Montag ließ Luigi Di Maio, stellvertretender Ministerpräsident Italiens und Vorstand der Fünf-Sterne-Bewegung, verlauten, die französischen Gelbwesten-Protestler*innen sollten in ihrem Kampf gegen die Regierung stark bleiben. Die Gelbwestenbewegung, die ihren Ursprung in Protesten gegen steigende Benzinpreise hat, hat sich mittlerweile auf mehrere andere Länder ausgebreitet, darunter Belgien. In seinem Blogeintrag erklärte Di Maio, die Gelbwesten forderten lediglich die Teilnahme am demokratischen Leben. Diese Forderungen seien in der Vergangenheit in Frankreich und Italien oft ignoriert worden. Als Beweis dafür, dass die Stimmlosen politische Siege einfahren können, führte er den Erfolg seiner eigenen Partei an, außerdem bot er den Gelbwesten seine Unterstützung bei der Auswahl von Kandidat*innen für die anstehenden Europawahlen an.

Eine diese Woche von Ifop für Paris Match durchgeführte Umfrage ergab jedoch, dass die Beliebtheit des französischen Präsidenten Emmanuel Macron aufgrund der Maßnahmen, die seine Regierung ergriffen hat, um die Gelbwesten zu beruhigen, gestiegen ist. Ehemalige Unterstützer*innen von Macrons Bewegung „La République En Marche“ sowie die konservativen Republikaner waren erneut für Macron und Premierminister Edouard Philippe, was zu einem Anstieg der jeweiligen Beliebtheitsgrade (28% für Macron, 33% für Philippe) führte. Die Maßnahmen umfassten eine Mindestlohnerhöhung um 100€, Steuersenkungen bei Überstundenlöhnen und den Appell an Unternehmensleiter*innen, Weihnachtsgelder vor der Weihnachtszeit auszuzahlen.

Populist*innen bilden italienisch-polnische Achse

Am Mittwoch gelobten die Anführer der populistischen Parteien in Italien und Polen, „der deutsch-französischen Achse eine italienisch-polnische entgegenzusetzen“. Matteo Salvini, Vorsteher der rechtspopulistischen Partei Lega Nord und Urheber des obengenannten Zitats, traf sich mit Jarosław Kaczyński, Chef der polnischen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), die derzeit die Regierung stellt. Sie diskutierten über die Bildung einer neuen parlamentarischen Gruppe im Europäischen Parlament nach den Wahlen im Mai. Nach dem Treffen erklärte Salvini, sie hätten darüber gesprochen, wie man dem europäischen Traum, den Brüssel in den letzten Jahren „getötet“ habe, wieder Sinn verleihen könne.

Salvini traf sich außerdem mit dem polnischen Premierminister Mateusz Morawiecki und kündigte an, die neue Allianz werde zu einem neuen „Europäischen Frühling“ führen. Die PiS ist eines der Gründungsmitglieder der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), der drittgrößten Fraktion im Europäischen Parlament. Die Fraktion braucht Italiens Rechtspopulist*innen, denn wenn die Konservativen des Vereinigten Königreichs das Parlament mit dem anstehenden Brexit verlassen, wird die Fraktion erheblich kleiner. Laut Politico könnte die PiS 24 Sitze erhalten, Lega Nord 27. Differenzen gibt es jedoch in Sachen Russland: Während sich Salvini auf Putins Seite stellt, hat sich Kaczyński das Image eines anti-russischen Nationalisten aufgebaut.

Die AfD spaltet sich & MdB muss nach politisch motiviertem Angriff ins Krankenhaus

Am Montag wurde Frank Magnitz, Bundestagsabgeordneter der AfD, ins Krankenhaus eingewiesen, nachdem er bei einem Angriff schwer verletzt worden war. Mehrere Menschen hatten Magnitz in Bremen angegriffen, die Polizei geht von einem politischen Motiv aus. Zunächst hieß es, Magnitz sei mit einem Kantholz geschlagen worden, außerdem sei er so lange gegen den Kopf getreten worden, bis er das Bewusstsein verlor. Von dem Kantholz sei auf einem Überwachungsvideo jedoch nichts zu sehen, so jetzt die Polizei. Sie ermittelt weiter. Während die Angreifer entkamen, postete die AfD ein Bild auf Twitter, das den verletzten Magnitz mit einer großen Kopfwunde zeigte. Der Vorsteher der italienischen Rechtspopulisten Matteo Salvini twitterte, er hoffe, die Angreifer würden im Gefängnis landen und dort „verrotten“.

Ebenfalls in dieser Woche kündigte André Poggenburg, ehemaliger Vorsitzender der AfD Sachsen-Anhalt, an, er wolle die Partei verlassen und mit dem „Aufbruch deutscher Patrioten“ eine neue gründen. Poggenburg und weitere AfD-Mitglieder verließen die Partei nach einer Reihe von Kontroversen, unter anderem hatten Poggenburg türkischstämmige Menschen als „Kameltreiber“ bezeichnet.

Kroatien: Rückgang der Pressefreiheit

2018 kam es in Kroatien vermehrt zu Verurteilungen von Journalist*innen wegen Verleumdung. Davon profitierten ausschließlich Staatsangestellte. Laut EURACTIV Croatia hat es nie zuvor so viele Gerichtsurteile gegen die Medien gegeben wie im vergangenen Jahr, einige davon seien bizarr und unlogisch gewesen. Nachdem Journalist*innen aufgedeckt hatten, dass Milijan Brkić, Vizepräsident des Parlaments, bei seiner Bachelorarbeit plagiiert hatte, urteilte ein Gericht, dass Brkić eine Entschädigung von 2.000€ zustehe, da der Artikel diffamierende Informationen über Brkić enthalte, von denen Leser*innen auf seinen Charakter schließen könnten. Kroatische Gerichte zählen nun neben Beleidigung und Verleumdung auch Bloßstellung zu den Straftaten. Journalist*innen, die jemanden bloßstellen, müssen mit einer Strafzahlung in Höhe ihres Jahresgehalts rechnen. Außerdem steht es den Richter*innen frei darüber zu entscheiden, ob sich eine Veröffentlichung auf Fakten stützt oder ob damit lediglich der Ruf eines*r Politikers*in zerstört werden sollte. Auch die Aussichten für 2019 sind aus Sicht der kroatischen Medien nicht gerade rosig.

Interim-Leiterin von Rumäniens Antikorruptionsbehörde tritt zurück

Anca Jurma, derzeitige Leiterin von Rumäniens Nationaler Antikorruptionsbehörde, hat angekündigt, dass sie aufgrund von Feindseligkeiten auf ihrem Posten von diesem zurücktrete. Jurma hatte ihren Posten Mitte 2018 angetreten, nachdem die Regierung die kontroverse Entscheidung getroffen hatte, ihre Vorgängerin zu entlassen. Rumäniens Kampf gegen die Korruption und die scheinbaren Angriffe auf die Rechtsstaatlichkeit kommen zu einem ungünstigen Zeitpunkt: Anfang des Jahres hat das Land die alle sechs Monate wechselnde EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Rumänien wird seit langem besonders beobachtet, um sicherzustellen, dass sich das Gerichtswesen in dem Land verbessert. Es gibt jedoch Befürchtungen, dass jüngste Veränderungen, die die Regierung durchgesetzt hat, in diesem Bereich zu Rückfällen führen. Seit 2016 ist das Korruptionsproblem häufig der Fokus von Protesten gegen die Regierung.

Französische Staatsanwaltschaft fordert Prozess gegen früheren Premierminister

Am Freitag verkündete die französische Staatsanwaltschaft, dass es zu einem Prozess gegen den früheren Premierminister und Präsidentschaftskandidaten der Wahlen 2017, François Fillon, kommen werde. Zwei Jahre lang hat die Staatsanwaltschaft wegen vermeintlicher Veruntreuung und Missbrauchs öffentlicher Gelder durch Fillon und seine Frau Penelope ermittelt. Der Skandal wird mitverantwortlich dafür gemacht, dass Fillon, der als aussichtsreichster Kandidat ins Rennen um die Präsidentschaft gegangen war, schon in der ersten Runde ausschied.

Ukrainische orthodoxe Kirche wird unabhängig von Russland

Der Leiter der Christlich-Orthodoxen Kirche hat dem Leiter der Ukrainischen Kirche ein Dekret vorgelegt, das deren Unabhängigkeit von Moskau erklärt. Der Abspaltung der Ukrainischen Kirche von der Russisch-Orthodoxen Kirche war Russland mit heftigem Widerstand begegnet. Sie ist ein weiteres Anzeichen dafür, dass die Ukraine in jedem Gesellschaftsbereich dafür kämpft, ihre Unabhängigkeit von Russland zu behaupten. Der Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko, verglich dieses Ereignis sogar mit dem Referendum der Ukraine über Unabhängigkeit von der Sowjetunion im Jahr 1991. Die politischen Oberhäupter der Ukraine sehen die Abspaltung der Kirche als notwendig im Kampf gegen die Verbreitung russischer Propaganda im Land an.

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