Klimaabkommen: Wie geht es nach dem Erfolg von Paris weiter?

, von  Sarah Bonnefoix, übersetzt von Inga Wachsmann

Klimaabkommen: Wie geht es nach dem Erfolg von Paris weiter?
Paris: Freude über das Abkommen © COP Paris / Flickr/ Public Domain Dedication

Am Ende der Weltklimakonferenz wurde von den 195 Verhandlungsparteien das „Abkommen von Paris“ vorgelegt. Das Abkommen soll bei Ratifizierung bindend sein. Laurent Fabius, französischer Außenminister und in dieser Funktion Vorsitzender der Verhandlungen, sprach von einem „historischen Abkommen“. In Wahrheit ist es nur ein erster Schritt auf einem langen Weg.

Der Text ist das Ergebnis zweiwöchiger Konsensfindungsarbeit der Delegationen und stellt nun die allgemein gültige Vereinbarung in Klimafragen dar. Was den Klimavertrag ausmacht: er ist ambitioniert.

Entschlossenheit steht auf der Tagesordnung

Die auf der Konferenz festgesetzten Ziele sind begrüßenswert. Anstatt der ursprünglich vorgesehenen Begrenzung der Klimaerwärmung auf 2 Grad Celsius wurde eine Grenze von 1,5 Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit vereinbart. Nichtregierungsorganisationen und das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) hatten die Dringlichkeit dieses Ziels betont, da die Berechnungen der Erderwärmung bei momentanen Emissionen bei 2,7 bis 3 Grad Celsius liegen.

Der Grüne Klimafonds, den die Nordstaaten den Südstaaten 2009 versprochen hatten, soll laut dem Abkommen bis 2020 mit jährlich mindestens 100 Milliarden Dollar ausgestattet werden, um die Energiewende und den Kampf gegen die Erderwärmung in den Staaten der südlichen Hemisphäre zu begleiten.

Die Lücken im Vertrag

Der Vertragstext wurde von allen politischen Führungspersonen und einem Teil der Nichtregierungsorganisationen wie z.B. Greenpeace mit großem Enthusiasmus gelobt. Allerdings erwähnt er einige grundsätzliche Fragen nicht. Was passiert mit der weltweiten Reduzierung der Treibhausgasemissionen? Den fossilen Energiequellen und den erneuerbaren Energien?

Hier liegt die Krux des Abkommens. Die Zukunft der fossilen Energiequellen wird nirgendwo erwähnt. Dabei handelt es sich um einen zentralen Punkt bei der Bekämpfung des Klimawandels. Die Nutzung bisher nicht verwendeter fossiler Energien wird ebenfalls nicht erwähnt. Eine kürzlich in der wissenschaftlichen Zeitschrift „Nature“ veröffentlichte Studie zeigt, dass die Begrenzung der Erderwärmung auf 2 Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit nur dann erreicht werden kann, wenn achtzig Prozent der noch vorhandenen fossilen Energien im Boden bleiben. Gleichermaßen kommt der Begriff „erneuerbare Energien“ im Text nicht vor. Schließlich wird die Begrenzung der weltweiten Treibhausgasemissionen nur als langfristiges Ziel festgelegt und nicht beziffert. Wage wird von „der zweiten Hälfte des Jahrhunderts“ gesprochen.

Der Text sieht einen Revisionsmechanismus für die Beiträge der Unterzeichnerstaaten vor. Alle fünf Jahre sollen die Beiträge überprüft werden. Das war Laurent Fabius wichtig und soll ermöglichen, das Abkommen in den jährlichen Klimaverhandlungen zu erweitern. Allerdings sind die Beiträge nicht Teil des Abkommens. Sie sind lediglich ein Anhang und haben damit keinen verpflichtenden Charakter.

Ein erster Schritt zu weltweiten Vereinbarungen

Was nicht vergessen werden darf ist, dass der am 12. Dezember verabschiedete Text noch nicht bindend ist. Auch wenn alle anwesenden Staaten den Text bewilligt haben, muss er in mindestens 55 Staaten, die 55 Prozent der Treibhausgasemissionen ausmachen, noch ratifiziert werden. Wenn der Vertrag ratifiziert ist, tritt er 2020 in Kraft. Die Ratifizierung dürfte jedoch einfach verlaufen. Einige Staaten wie z.B. die USA müssen nicht über ihre Parlamente gehen, sondern können das Abkommen durch Regierungsdekret ratifizieren. Außerdem sieht der Vertrag vor, dass sich jede Vertragspartei drei Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens aus den Verpflichtungen zurückziehen kann.

Die Gruppe der G77, die mit 134 Ländern überwiegend Staaten der südlichen Hemisphäre vertritt, hat mit Ausnahme von Nicaragua den Vertrag als „zufriedenstellend“ bezeichnet. Auch von vielen Beobachtern wurde er als „gut und ausgeglichen“ befunden.

Und die EU?

Die Europäische Union hatte bereits im März 2015 verlauten lassen, dass sie den Austoß von Treibhausgasen bis 2030 um mindestens vierzig Prozent reduzieren möchte. Dieser Beitrag wurde von wissenschaftlichen Experten als nicht ausreichend befunden. Außerdem hatte die EU zu diesem Zeitpunkt kein finanzielles Engagement vorgeschlagen.

Nach der COP21 haben alle Mitgliedstaaten der Union die historische Wende des Abkommens anerkannt. Die Delegierte der EU hat den den Vertrag als „Heldenwerk“ bezeichnet. David Cameron, der britische Premierminister, sprach von einem „wichtigen“ Tag und unterstrich den gleichberechtigten Beitrag aller Staaten an der Aushandlung des Textes.

Was für ein Fazit kann man nach dieser ersten Phase des Selbstlobes ziehen? Zu welchen konkreten Maßnahmen haben sich die Staaten im einzelnen verpflichtet?

Die luxemburgische Umweltministerin Carole Dieschbourg hat an die Notwendigkeit erinnert, „dieses Abkommen in konkretes Handeln umzusetzen“. Die EU ist für circa zehn Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich, ohne die Belastung aus der Vergangenheit mitzuzählen. Ein Fortschritt ist zum Beispiel das konkrete finanzielle Engagement zugunsten Afrikas.

Afrika mit elektrischem Strom ausstatten

Die Regierungen von Dänemark, Großbritannien und Italien haben sich zusammengeschlossen, um die von der Afrikanischen Entwicklungsbank vorgeschlagenen Entwicklungsprojekte zu unterstützen. Darunter ist das Vorhaben, im nächsten Jahrzehnt den gesamten afrikanischen Kontinent mit elektrischem Strom auszustatten und das Energiedefizit des Staaten bis 2025 auszugleichen. Das Projekt wurde ursprünglich von der Stiftung Jean-Louis Borloo getragen und seit einigen Monaten bei den Verhandlungsparteien vorgebracht. Die italienische Regierung hat angekündigt, der Afrikanischen Entwicklungsbank für die Energiewende der afrikanischen Staaten 13 Millionen Dollar zu überweisen. Der Fonds steigt damit von 87 auf 95 Millionen Dollar.

Die französischen Gremien hatten seit mehreren Monaten Initiativen ergriffen, um die Konferenz zum Erfolg zu führen. Vor allem die Verhandlungsführung von Laurence Tubiana, französische Botschafterin für Klimaverhandlungen, ist bemerkenswert. Seit mehr als 18 Monaten hatte die Expertin für Klimafragen und internationale Beziehungen akribisch gearbeitet und wurde dafür von allen Seiten gelobt. Der Geschäftsführer der NGO E3G Nick Mabey sprach von einer beispielhaften Diplomatie. Viele Kommentatoren und Beobachter haben der französischen Diplomatie insgesamt einen großen Erfolg bescheinigt.

Das Abkommen von Paris - eine nationale und europäische Herausforderung

Kaum war es verabschiedet, wurde das Abkommen in der öffentlichen Wahrnehmung zum Katalysator interner Spannungen und parteipolitischer Spielchen. Großbritannien ist dafür ein gutes Beispiel. Angesichts der Wahlen und Abstimmungen im Jahr 2016 streiten britische Parteien über die Umsetzung des Klimaabkommens. Ed Miliband, früherer Chef der Labour-Partei, will den Klimaschutz ins Zentrum seiner Agenda stellen. Er möchte, dass Großbritannien im Zuge der Ratizierung des Pariser Klimavertrags als erstes Land weltweit das Ziel von Null-CO2-Ausstoß gesetzlich festschreibt. Die Regierung von David Cameron war von der Opposition zuvor massiv für die Senkung der Subventionen für erneuerbare Energien kritisiert worden. Heute sind nur 5,1 Prozent der britischen Energie erneuerbar.

„Heute feiern wir, morgen handeln wir“ hat Miguel Arias Canete, EU-Kommissar für Klima und Energie seine Bilanz gezogen. Bleibt abzuwarten – wie immer – welche politischen und rechtlichen Folgen das Abkommen bei denjenigen Mitgliedstaaten hat, die es sich offen gehalten haben, den Vertrag zu ratifizieren.

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