Föderalistische Extremisten oder eher demokratische Revolutionäre?

, von  David Meyer, übersetzt von Daniel Michel

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Föderalistische Extremisten oder eher demokratische Revolutionäre?
Die europäischen Institutionen müssen gründlich reformiert werden © jeffowenphotos / Flickr/ Creative Commons 2.0-Lizenz

Bei der französischen Präsidentschaftswahl haben in der Stichwahl 33,9% die rechtsextreme Antieuropäerin Marine Le Pen vom Front National gewählt. Trotz des Sieges des europafreundlichen Macron ist die Wahl dennoch als Warnung zu verstehen: unsere europäische Demokratie befindet sich in einer Krise. In dieser Krise müssen wir weiterhin den einzig rationalen Weg gehen, und das ist die Fortsetzung einer gemeinsamen europäischen Politik. Als Föderalist*innen besteht unser Ziel nicht darin, die Macht zu erlangen, sondern in der Schaffung einer neuen politischen Macht auf europäischer Ebene.

Die Krisen der letzten Jahre haben uns die Zerbrechlichkeit Europas vor Augen geführt: Europa ist nicht demokratisch und effizient genug, und daher politisch schwach. Dem Europäischen Projekt muss wieder Sinn verliehen werden und Europa sich seinen Bürger*innen wieder annähern. Das geht nicht mit der aktuellen Politik, die auf Intergouvernementalismus fußt. Wir müssen über die falschen Alternativen Status Quo oder Austritt aus der EU hinwegkommen. Um aus der festgefahrenen Situation hinaus zu finden, brauchen wir eine Revolution der Bürger*innen. Die Antwort auf die Krisen heißt Föderalismus.

Diese unausweichliche Revolution findet einen politischen Ausgangspunkt in den Vorschlägen Verhofstadts. Auch wenn sie nicht perfekt sind, sind sie zumindest ambitioniert, was zu selten der Fall ist. Unter den interessantesten Vorschlägen befinden sich: das allgemeine Wahlrecht für alle Unionsbürger*innen bei allen Wahlen an ihrem Wohnort, ein wirkliches Budget für die Eurozone mit einer gleichzeitigen Stärkung der Kontrollfunktion des Europäischen Parlamentes und seiner Beteiligung am Beschluss des Budgets. Diese Maßnahmen würden das Parlament ebenso wie die europäische Demokratie stärken. Der zentralen Stellung der Unionsbürger*innen würde durch das allgemeine Wahlrecht Sinn gegeben werden.

Es ist jedoch kein einfacher Weg. Die fehlende demokratische Kontrolle über die Eurozone ist bedauerlich, aber das größte Hindernis für eine wirkliche Veränderung sind die Staaten und ihre Regierungen, die an alte nationale Mächte gebunden sind. Der Kampf für eine offenere, friedlichere, freiere und gerechtere Gesellschaft mit einer demokratischeren politischen Macht kann nur durch eine destruktive und kreative Kraft gewonnen werden: durch eine demokratische Revolution. Die alten Institutionen müssen zerstört werden, damit neue geschaffen werden können.

Eine revolutionäre und rationale Denkweise

Der Föderalismus ist eine revolutionäre und rationale politische Philosophie, die versucht, eine politische Einheit in Europa zu schaffen, indem sie eine neue politische Macht auf neue Institutionen gründet. Wie bereits Altiero Spinelli oft wiederholte, muss diese Bewegung ihre Lehren aus der Politikwissenschaft ziehen: Es ist unmöglich eine neue Gesellschaft auf ihrem alten Fundament aufzubauen. Es handelt sich hierbei um die schwierigste Aufgabe der Politik. Es gibt viele Gegner*innen, die diejenigen um sich scharen, die von den bestehenden Machtverhältnissen profitieren. Die Anzahl der Befürworter*innen ist hingegen geringer, denn Veränderungen machen den Menschen Angst. Man muss durch Erfahrung überzeugen, das heutige Europa sowohl verteidigen als auch kritisieren, um zu zeigen, dass ein besseres Europa in Form einer Föderation möglich ist. Eine solche Revolution muss aus einer demokratischen konstituierenden Versammlung heraus entstehen. Sie erlaubt den Europäer*innen, sich eine neue demokratische Macht sowie neue Institutionen, die die Gesellschaft neu organisieren, zu schaffen. Dazu gibt es in Verhofstadts Vorschlag eines EU-Konvents, bei dem das weitere Vorgehen geplant werden soll, den richtigen Ausgangspunkt.

Damit der Prozess jedoch funktioniert, müssen wir die Errungenschaften der Europäischen Einigung, wie den Euro und die Reisefreiheit, verteidigen und das Versagen des Intergouvernementalismus verurteilen. Zum Beispiel durch Initiativen wie die europäische Jugendkonvention der JEF, die zeigt, dass der Prozess einer demokratischen Revolution möglich ist.

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