Die Europäische Kommission: Viele Spitznamen, etliche Aufgaben

Serie: Europäische Institutionen erklärt - Wie sie arbeiten, was sie bewegen können

, von  Anne-Kristina Zippel

Die Europäische Kommission: Viele Spitznamen, etliche Aufgaben
Foto © Federico Permutti / 2011

Hüterin der Verträge, Motor der europäischen Integration, Kassenwart Europas - zur Beschreibung der Aufgaben der Europäischen Kommission werden oft solche Metaphern verwendet. Sie klingen bedeutungsvoll, hinterlassen zum Großteil aber Ratlosigkeit. Was steckt wirklich hinter der Kommission und welche Bedeutung kommt ihr zu?

Wer bildet die Kommission?

Nicht sehr originell, aber treffend und schlicht ist die Bezeichnung der Mitglieder der Kommission: Kommissare heißen sie, jeder EU-Mitgliedstaat stellt einen von ihnen. Seit dem Beitritt Kroatiens im Juli dieses Jahres hat die Kommission somit 28 Mitglieder. Dazu zählen der Präsident der Kommission und die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik. Der amtierende Präsident ist der Portugiese José Manuel Barroso, der 2009 seine zweite Amtszeit antrat. Seit dem Vertrag von Maastricht entspricht die Amtszeit des Kollegiums der fünfjährigen Legislaturperiode des Europäischen Parlaments. Von den Regierungen der Mitgliedsstaaten werden sie nominiert, und nach einem Prüfverfahren vom Europäischen Parlament bestätigt. Dies soll der Kommission demokratische Legitimität verleihen, ihre Ernennung demokratisch untermauern. Das Parlament hat im Auswahlprozess jedoch nur begrenzte Mitspracherechte, was immer wieder kritisiert und mit einem Demokratiedefizit in Verbindung gebracht wird. Die Kommission genießt trotz dieser Bedenken allerdings keine Narrenfreiheit, sondern muss sich vor dem Parlament als Kontrollinstanz politisch verantworten: Das Parlament kann sie jederzeit durch ein Misstrauensvotum zum Rücktritt zwingen.

Obwohl die Kommissare von den nationalen Regierungen vorgeschlagen werden, sind sie nicht die Vertreter ihrer Heimatstaaten. Vielmehr sollen sie im Sinne der Europäischen Union handeln. Die Kommissare stehen ähnlich den Ministern in einer nationalen Regierung bestimmten thematischen Ressorts vor, den sogenannten Generaldirektionen. Für Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft ist zurzeit die Luxemburgerin Viviane Reding zuständig, für Energiefragen der Deutsche Günther Oettinger. Als Kommission kann nicht nur das Kollegium der Kommissare bezeichnet werden, sondern auch die Verwaltung der EU, die sich aus über 40 Generaldirektionen zusammensetzt und mehr als 25.000 Mitarbeiter aus allen Mitgliedstaaten beschäftigt. Fast jeder Zehnte ist im Sprachdienst tätig: Wegen der Vielsprachigkeit der EU unterhält die Kommission einen der größten Übersetzungs- und Dolmetscherdienste weltweit.

Hüterin der Verträge

Als „Hüterin der Verträge“ überwacht die Kommission die ordnungsgemäße Anwendung des Unionsrechts. Anders gesagt: Sie schaut wie ein Schafshirte darauf, dass die Herde in eine Richtung läuft. Verstößt ein Mitgliedstaat gegen EU-Recht, muss sie einschreiten und notfalls vor dem Gerichtshof der EU klagen. Das geschieht beispielsweise dann, wenn EU-Richtlinien nicht fristgerecht in nationales Recht umgesetzt werden. Gegen Einzelne kann die Kommission direkt Bußgelder verhängen, wenn diese gegen das EU-Wettbewerbsrecht verstoßen. Sie ist damit auch oberste Kartell- und Wettbewerbsbehörde der EU. Deutschland droht beispielsweise eine Strafe aufgrund des Exportüberschusses, denn ein solcher Leistungsüberschuss gilt ab einer bestimmten Höhe als stabilitätsgefährend.

Motor der Integration

Die Kommission ist durch das sogenannte Initiativrecht nicht nur exekutiv, sondern auch legislativ tätig: Sie schlägt neue Rechtsvorschriften vor, die die Interessen der EU und ihrer Bürger schützen sollen. Diese werden von Parlament und Ministerrat (offiziell: Rat der Europäischen Union) geprüft und verabschiedet. Durch neue Gesetzesentwürfe treibt die Kommission die Entwicklung Europas an, weshalb sie auch als „Motor der europäischen Integration“ bezeichnet wird. Parlament und Rat haben hier ebenso die Möglichkeit zur Einflussnahme, indem sie die Kommission dazu auffordern können, neue Entwürfe zu erarbeiten.

Auch die europäischen Bürger können im Zuge der Bürgerinitiative einen Rechtsakt vorschlagen. Die Kommission ist allerdings nicht verpflichtet, diesen umzusetzen.

Kassenwart Europas

Doch warum die Bezeichnung „Kassenwart Europas“? Die Kommission ist für die Ausführung des Haushaltsplans zuständig, also das korrekte Ausgeben des Geldes für politische Maßnahmen und EU-Programme – ganz im Sinne ihres Spitznamens. Darunter fällt zum Beispiel das ERASMUS-Programm, das Studenten finanziell bei einem Auslandssemester in einem anderen europäischen Land unterstützt. Alle Finanzmittel werden also von der Kommission verwaltet - 2012 waren das rund 147 Milliarden Euro.

In unregelmäßigen Abständen stellt treffpunkteuropa.de die EU-Institutionen in der Serie „Was machen die da eigentlich in Brüssel und Straßburg?“ vor.

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