Der erste Techplomat der Welt

Brief an Europa an: Casper Klynge

, von  Tobias Gerhard Schminke

Der erste Techplomat der Welt
Der erste Techplomat kommt aus Europa. Ganz techplomatisch twittert Casper Klynge. Bild: Screenshot von Casper Klynges Twitter-Seite (Abgerufen am: 12/08/2018)

Casper Klynge wird der weltweit erste Techplomat der Welt. Unser Chefredakteur Tobias Gerhard Schminke widmet ihm daher in dieser Woche den Brief an Europa.

Lieber Casper Klynge,

Kaiser Wilhelm der Zweite hat einmal gesagt: “Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist nur eine vorübergehende Erscheinung.” Vielleicht denken einige Menschen auch über deinen neuen beruflichen Auftrag so. Du und ich, wir denken anders.

Vorab: Noch kennen dich die wenigsten in Europa. Dabei warst du kein Niemand. Die dänische Regierung hast du zunächst in Zypern und dann in Indonesien vertreten. Deine Bekanntheit dürfe sich in Zukunft aber von der der übrigen Diplomaten abheben.

Dein neuer Auftrag ist dem des Botschafters recht ähnlich und trotzdem hat er etwas Revolutionäres. Du sollst der erste Techplomat der Welt werden. Die Aufgabe eines Techplomaten ist es, ein Land bei großen Firmen zu vertreten. Die Logik, die dahinter steht, ist: Wenn ganze Firmen eine größere Wirtschaftskraft haben als einzelne Länder, dann ist es unerlässlich, dass es einen Ansprechpartner der Regierung für diese Firmen gibt. Wenn man daran denkt, dass du Dänemark bald in Kalifornien bei Google, Facebook und Co vertrittst, hab ich großen Respekt vor deiner zu bewältigenden Aufgabe.

Das Silicon Valley ist für dich eher Neuland. Du warst dort einmal zu Besuch und ein Technologie-Experte bist du deinem Lebenslauf nach zu urteilen auch nicht wirklich. Dein Chef Anders Samuelsen von der liberalen Partei in Dänemark meint, du zeichnest dich durch dein Engagement im Bereich Technologie und Digitalisierung für die Stelle in Kalifornien aus. Damit hättest du dich gegen 55 Mitbewerber durchgesetzt. Die Regierung in Kopenhagen hat außerdem angekündigt, ähnliche Posten bald in Nordeuropa und China zu eröffen. Doch du hast es geschafft, der erste Vertreter eines Landes bei Firmen zu sein, der diplomatischen Rang hat. Chapeau!

Ein anstehender Auslandstrip wird dich bald nach Brüssel führen, wo du eine enge Kooperation mit Kommissarin für Wettbewerb Margrethe Vestager anstrebst. Das ist grundsätzlich zu begrüßen. Aber warum entsendet die Europäische Union eigentlich keine eigenen Botschafter flächendeckend in Länder - und auch zu Unternehmen? Warum übernehmen wir nicht das dänische Konzept? Warum vermeiden wir nicht 28-fache Doppelstrukturen, indem noch immer jedes Land selbst Diplomatie und künftig vielleicht Techplomatie übernimmt? Kostet das nicht einen Haufen Geld und wäre der diplomatische Service für Slowaken, Österreicher und Bulgaren und ihre Firmen in Teilen der Welt dann nicht besser? Und wäre die Europäische Union vielleicht nicht eher in der Lage eine flächendeckenderes Netz an Diplomaten und Techplomaten aufzustellen als Belgien, Österreich oder auch Deutschland alleine?

Dass sich solche Doppelstrukturen bilden könnten, sieht man nicht nur am Botschaftersystem, sondern auch an deinem Posten. Das Vereinigte Königreich und Irland haben bereits Vertreter für den Technologiesektor ernannt – wenn auch ohne diplomatischen Rang.

Lieber Casper, wäre es nicht spitze, wenn du das Kommissarin Margrethe Vestager in einem Vieraugengespräch vorschlagen würdest und weiter für die Idee wirbst? Die Idee ist geboren.

Vielleicht wäre es ganz schön, wenn das Diplomatiesystem europäisieren würden? Ich denke, es ist Zeit, vom Pferd aufs Auto umzusteigen.

Beste Grüße nach Europa,

Tobias

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